Krümmungskreis






Krümmungskreis einer Kurve C im Punkt P


Der Krümmungskreis (auch Schmiegekreis oder Schmiegkreis genannt) zu einem bestimmten Punkt P{displaystyle P} einer ebenen Kurve ist der Kreis, der die Kurve in diesem Punkt am besten annähert. Den Mittelpunkt des Krümmungskreises nennt man Krümmungsmittelpunkt.


Sein Radius, der Krümmungsradius, ist der Betrag des Kehrwerts der Krümmung der Kurve in P{displaystyle P}. Seine Tangente in diesem Punkt stimmt mit der Tangente der Kurve überein.


Da die Krümmung einer Kurve im Allgemeinen örtlich variiert, schmiegt sich die Kurve im Allgemeinen nur in einer infinitesimal kleinen Umgebung an den Krümmungskreis an.


Hinweis: Die Beispielzeichnungen legen nahe, dass der Krümmungskreis stets auf einer Seite der Kurve liegt. Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn die Krümmung der Kurve an dem entsprechenden Punkt ein Extremum hat. Da die Krümmung des Krümmungskreises selbst konstant ist, verläuft eine Kurve mit sich ändernder Krümmung in der Regel auf einer Seite des Berührpunktes innerhalb, auf der anderen außerhalb ihres Krümmungskreises.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Bestimmung des Krümmungskreises


  • 2 Krümmungsradius eines Funktionsgraphen


  • 3 Beispiele


    • 3.1 Kreis


    • 3.2 Parabel


    • 3.3 Lissajous-Kurve




  • 4 Siehe auch


  • 5 Literatur


  • 6 Weblinks





Bestimmung des Krümmungskreises |


Der Mittelpunkt des Krümmungskreises ist die Grenzlage des Schnittpunktes der Normalen der Kurve, wenn die Kurvenpunkte der Normalen aufeinander zustreben:




t1, t2,... sind die Tangenten, n1, n2,... sind die Normalen in den Punkten P1, P2,... Die Punkte P1, P2,... nähern sich dem Scheitelpunkt S. Die Schnittpunkte K1, K2,... nähern sich dem Krümmungsmittelpunkt K


Ist die Kurve in der Parameterdarstellung x→(t)=(x1(t)x2(t)){displaystyle {vec {x}}(t),=,{begin{pmatrix}x_{1}(t)\x_{2}(t)end{pmatrix}},} gegeben, so ist sein Radius, der Krümmungsradius, gegeben durch


(1) r=|(x1′(t)2+x2′(t)2)32x1′(t)⋅x2″(t)−x1″(t)⋅x2′(t)|{displaystyle displaystyle r=left|{frac {{Big (}x_{1}'(t)^{2}+x_{2}'(t)^{2}{Big )}^{frac {3}{2}}}{x_{1}'(t)cdot x_{2}''(t)-x_{1}''(t)cdot x_{2}'(t)}}right|}.

Der Mittelpunkt K=(Kx|Ky){displaystyle K=(K_{x}|K_{y})} des Krümmungskreises hat dann die Koordinaten


x→(t)+r⋅x→′(t)‖1(−x2′(t)x1′(t)){displaystyle {vec {x}}(t),+,rcdot |{vec {x}}'(t)|^{-1}{begin{pmatrix}-x_{2}'(t)\x_{1}'(t)end{pmatrix}},}

Dabei muss der Betrag des Radius zur Bestimmung des Mittelpunktes weggelassen werden, damit der Krümmungskreis auf der richtigen Seite der Kurve liegt!
Also


(2) Kx=x1(t)−x2′(t)⋅(x1′(t)2+x2′(t)2)x1′(t)⋅x2″(t)−x1″(t)⋅x2′(t){displaystyle displaystyle K_{x}=x_{1}(t)-{frac {x_{2}'(t)cdot {Big (}x_{1}'(t)^{2}+x_{2}'(t)^{2}{Big )}}{x_{1}'(t)cdot x_{2}''(t)-x_{1}''(t)cdot x_{2}'(t)}}} und

(3) Ky=x2(t)+x1′(t)⋅(x1′(t)2+x2′(t)2)x1′(t)⋅x2″(t)−x1″(t)⋅x2′(t){displaystyle displaystyle K_{y}=x_{2}(t)+{frac {x_{1}'(t)cdot {Big (}x_{1}'(t)^{2}+x_{2}'(t)^{2}{Big )}}{x_{1}'(t)cdot x_{2}''(t)-x_{1}''(t)cdot x_{2}'(t)}}}.

Der Weg, den die Krümmungskreismittelpunkte beschreiben, bezeichnet man als Evolute der Kurve.



Krümmungsradius eines Funktionsgraphen |


Auch für den Graphen einer Funktion f{displaystyle f} lässt sich ein Krümmungsradius angeben. Unter der Krümmung der Funktion f{displaystyle f} an der Stelle x1=xP{displaystyle x_{1}=x_{P}}
versteht man die Krümmung des Graphen der Funktion im Punkte (xP|f(xP)){displaystyle {Big (}x_{P}|f(x_{P}){Big )}}. Mit der Transformation x1→t{displaystyle x_{1}rightarrow t} und f(x1)→f(t){displaystyle f(x_{1})rightarrow f(t)} wird die Funktion f{displaystyle f} in eine Parameterdarstellung überführt und es ist:



x→(t)=(tf(t)){displaystyle {vec {x}}(t),=,{begin{pmatrix}t\f(t)end{pmatrix}},}.

Die Ableitungen lauten:



x→′(t)=(1f′(t)){displaystyle {vec {x}}'(t)={begin{pmatrix}1\f'(t)end{pmatrix}}}   und   x→″(t)=(0f″(t)){displaystyle displaystyle {vec {x}}''(t)={begin{pmatrix}0\f''(t)end{pmatrix}}}.

Damit gilt für den Krümmungsradius r(xP){displaystyle r(x_{P})} eines Funktionsgraphen an der Stelle xP{displaystyle x_{P}} nach Einsetzen in (1):


(4)     r(xP)=|(1+f′(xP)2)32f″(xP)|{displaystyle displaystyle r(x_{P})=left|{frac {{big (}1+f'(x_{P})^{2}{big )}^{frac {3}{2}}}{f''(x_{P})}}right|}.

Für den Mittelpunkt (Kx,Ky){displaystyle (K_{x},K_{y})} des Krümmungskreises ergibt sich:



(5)     Kx=xP−f′(xP)(1+f′(xP)2)f″(xP){displaystyle displaystyle K_{x}=x_{P}-{frac {f'(x_{P}),(1+f'(x_{P})^{2})}{f''(x_{P})}}}

(6)     Ky=yP+1+f′(xP)2f″(xP){displaystyle displaystyle K_{y}=y_{P}+{frac {1+f'(x_{P})^{2}}{f''(x_{P})}}}



Beispiele |



Kreis |




Animation der Krümmung bei einem Kreis vom Radius 2, im Uhrzeigersinn durchlaufen


Die Parameterdarstellung eines Kreises lautet:


x→(t)=(cos⁡(t)sin⁡(t)){displaystyle {vec {x}}(t),=,{begin{pmatrix}cos(t)\sin(t)end{pmatrix}}}

Die Ableitungen betragen:



ddtcos⁡(t)=−sin⁡(t){displaystyle {frac {mathrm {d} }{mathrm {d} t}}cos(t)=-sin(t)};   d2dt2cos⁡(t)=−cos⁡(t){displaystyle {frac {mathrm {d} ^{2}}{mathrm {d} t^{2}}}cos(t)=-cos(t)}


ddtsin⁡(t)=cos⁡(t){displaystyle {frac {mathrm {d} }{mathrm {d} t}}sin(t)=cos(t)};   d2dt2sin⁡(t)=−sin⁡(t){displaystyle {frac {mathrm {d} ^{2}}{mathrm {d} t^{2}}}sin(t)=-sin(t)}

Eingesetzt in (1) folgt für den Krümmungsradius eines Einheits-Kreises mit dem Radius von Eins:


Der Krümmungsradius eines Kreises ist konstant und ist so groß wie sein Radius, r=1.

Die nebenstehende Animation zeigt den Kreis vom Radius 2, mit konstanter Geschwindigkeit 1 im Uhrzeigersinn durchlaufen. Er hat Parameterdarstellung


x→(t)=(2⋅cos⁡(t/2)2⋅sin⁡(−t/2)){displaystyle {vec {x}}(t),=,{begin{pmatrix}2cdot cos(t/2)\2cdot sin(-t/2)end{pmatrix}}}

und konstante Krümmung gleich 12{displaystyle {tfrac {1}{2}}}. Sein Krümmungsradius
ist konstant gleich 2, das heißt gleich seinem Radius. (Der "Beschleunigungsvektor" in dieser Animation ist die zweite Ableitung d2x→dt2{displaystyle {tfrac {mathrm {d} ^{2}{vec {x}}}{mathrm {d} t^{2}}}}.)



Parabel |




Der Krümmungskreis einer Normalparabel in ihrem Scheitelpunkt hat den Radius 0,5


Für die Normalparabel f(x)=x2{displaystyle f(x)=x^{2}} gilt:



f′(x)=2⋅x{displaystyle f'(x)=2cdot x}

f″(x)=2{displaystyle f''(x)=2}


Setzt man in (4) ein, folgt für den Krümmungsradius:


r(x)=|(1+4⋅x2)322|{displaystyle r(x)=left|{frac {left(1+4cdot x^{2}right)^{frac {3}{2}}}{2}}right|}

An der Stelle x=0 beträgt der Krümmungsradius r=0,5 (siehe Abbildung). Für große x wächst der Krümmungsradius ~ x3, die Kurve wird immer gerader.



Lissajous-Kurve |




Animation des Krümmungs- kreises bei einer Lissajous-Kurve


Die Parameterdarstellung einer Lissajous-Kurve mit Frequenzverhältnis 2:3 lautet


x→(t)=(cos⁡(3t)sin⁡(2t)){displaystyle {vec {x}}(t),=,{begin{pmatrix}cos(3t)\sin(2t)end{pmatrix}}}

Die ersten Ableitungen betragen:


dx→(t)dt=(−3sin⁡(3t)2cos⁡(2t)){displaystyle {frac {mathrm {d} {vec {x}}(t)}{mathrm {d} t}},=,{begin{pmatrix}-3sin(3t)\2cos(2t)end{pmatrix}},}

Die zweiten Ableitungen betragen:


d2x→(t)dt2=(−9cos⁡(3t)−4sin⁡(2t)){displaystyle {frac {mathrm {d} ^{2}{vec {x}}(t)}{mathrm {d} t^{2}}},=,{begin{pmatrix}-9cos(3t)\-4sin(2t)end{pmatrix}},}

Setzt man dies in (1) ein und benutzt die Additionstheoreme für Sinus und Kosinus, so folgt für den Krümmungsradius dieser Lissajous-Kurve:


r(t)=(232cos⁡(t)4−97cos⁡(t)2+13−144cos⁡(t)6)3/26cos⁡(t)(8cos⁡(t)4−10cos⁡(t)2+5).{displaystyle r(t),=,{frac {(232cos(t)^{4}-97cos(t)^{2}+13-144cos(t)^{6})^{3/2}}{6cos(t)(8cos(t)^{4}-10cos(t)^{2}+5)}},,.}

Die Abbildung zeigt eine Animation des Krümmungskreises. Der „Beschleunigungsvektor“ in dieser Abbildung ist die zweite Ableitung d2x→ds2{displaystyle {tfrac {mathrm {d} ^{2}{vec {x}}}{mathrm {d} s^{2}}}} von x→{displaystyle {vec {x}}} nach der Bogenlänge s{displaystyle s}.



Siehe auch |




  • Klothoide, Krümmungsradius ist umgekehrt proportional zur Kurvenlänge


  • Schmiegkugel, eine Verallgemeinerung auf Raumkurven



Literatur |



  • Christian Blatter: Analysis 2. Springer, 1974, S. 90–93


Weblinks |



 Commons: Grafische Illustrationen des Krümmungskreises von Kurven – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien



  • Animierte Illustrationen des Krümmungskreises selbst erstellen (Maple-Worksheet)


  • Krümmungsradius und Krümmungskreis, allgemeine Darstellung mit Animation einer Bewegung eines Punktes




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