Ölmühle










Olivenölmühle in Bnei Darom (Israel)


Eine Ölmühle ist die Produktionseinrichtung zur Herstellung von Pflanzenölen aus Ölsaaten und -früchten. Bei den Rohstoffen wird unterschieden zwischen Ölpflanzen, bei denen das Fruchtfleisch genutzt wird (wie Olivenbaum, Ölpalme) und Ölfrüchten, bei denen die Samen genutzt werden (Soja, Sonnenblumen, Raps).
Ölmühlen verarbeiten die Rohstoffe zu Ölen und Fetten sowie Ölschroten (Presskuchen). Verwendet werden die Pflanzenöle als Lebens- und Futtermittel wie auch im technischen Bereich (Oleochemie, Biokraftstoffe).




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Zentrale und dezentrale Ölmühlen


  • 2 Verfahren


  • 3 Rohstoffe


  • 4 Wirtschaftliche Bedeutung


  • 5 Geschichte


  • 6 Historische Ölmühlen


  • 7 Weblinks


  • 8 Einzelnachweise





Zentrale und dezentrale Ölmühlen |


Pflanzenöle werden durch das Auspressen von Pflanzenteilen gewonnen. Produziert wird das Pflanzenöl in zentralen oder dezentralen Ölmühlen. Zentrale Ölmühlen verarbeiten bis zu 4000 t Ölsaat pro Tag in Verfahren der Heißpressung und ggf. einer anschließenden Extraktion. Die Ölausbeute der industriell arbeitenden Anlagen ist hoch. Die tägliche Verarbeitungskapazität dezentraler Ölmühlen dagegen liegt zwischen 0,5 t bis 25 t Ölsaat. Die Saat wird kalt gepresst (Kaltpressung), dabei entsteht natives Pflanzenöl. Die Ölausbeute der in der Regel im landwirtschaftlichen Umfeld arbeitenden Einrichtungen ist geringer, bei höheren Restfettgehalten im Presskuchen.[1]



Verfahren |




Blick in die geöffnete Seiherstab-Schneckenpresse einer dezentralen Ölmühle.




Quetschen von Walnüssen im Kollergang


Die Produktionsprozesse der zentralen und der dezentralen Ölgewinnung unterscheiden sich wesentlich. Zentrales Element bei beiden ist jedoch die Pressung (Schneckenpresse oder Seiherstab-Schneckenpresse). Weitere Verfahren zur Erzeugung von Pflanzenöl sind:



Extraktion



Bei diesem Verfahren werden Schleimstoffe extrahiert und das Pflanzenöl mit Lösungsmitteln (Hexan) aus den Pflanzenzellen herausgelöst. Das „Miscella“ genannte Gemisch aus Hexan und Öl wird in der Destillation in die drei Bestandteile getrennt. Das Öl wird so aufbereitet, dass es als Pflanzenöl weiterverarbeitet werden kann. Das zurück gewonnene Hexan wird für weitere Extraktionsvorgänge verwendet.



Zentrifugation



Besonders bei der Herstellung von Olivenöl wird ein Zentrifugationsverfahren eingesetzt. Der unter Umständen mit Wasser versetzte und erwärmte Brei wird hier bei etwa 20.000 Umdrehungen pro Minute zentrifugiert.



Rohstoffe |


Als Rohstoffe werden die Samen oder auch das Fruchtfleisch von Pflanzen verwendet. Weltweit gibt es viele Tausend Ölpflanzen, die als Rohstofflieferanten genutzt werden könnten. Von Ölmühlen in Europa werden mengenmäßig vor allem die Ölsaaten von Raps, Soja, Sonnenblume, Mais und Baumwolle[2] verarbeitet, daneben unter anderem Oliven, diverse Nüsse, Färberdistel und Traubenkerne. Weltweit haben zudem die Ölpalme zur Erzeugung von Palmöl und Palmkernöl sowie die Kokospalme (Kokosfett) große Bedeutung.



Wirtschaftliche Bedeutung |


In Deutschland gibt es etwa 20 zentrale Ölmühlen, zur effizienten Rohstoffversorgung meist an großen Wasserstraßen gelegen und eingebunden in nationale oder internationale Konzerne. Angebot und Nachfrage (Preisgestaltung) werden in der Regel an der Warenterminbörse in Chicago gehandelt. Daneben bestehen etwa 600 kleinere dezentrale Ölmühlen, die meist im landwirtschaftlichen Umfeld in regionalen Kreisläufen tätig sind.


Die zentralen Ölmühlen verarbeiten neben heimischen Produkten auch importierte Saaten, vor allem Sojasaat. Für die dezentralen Ölmühlen ist neben der Vermarktung des Pflanzenöls auch die Vermarktung des Koppelprodukts Presskuchen von wirtschaftlicher Bedeutung. Merkmal bei dezentralen Ölmühlen sind hier die kurzen Transportwege für die Saaten und die fertigen Produkte. Durch die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der Ölmühlen ist eine durchgängige Versorgung mit Pflanzenöl gewährleistet.


Der überwiegende Teil der Produktion sowohl in zentralen als auch in dezentralen Anlagen dient aktuell der Kraftstoffproduktion. Daneben werden auch Speiseöle und Futteröle sowie Schmierstoffe und Trennmittel produziert. Bei Erzeugnissen aus zentralen Ölmühlen handelt es sich in der Regel um vollraffinierte Pflanzenöle, während in dezentralen Anlagen durch schonende Ölsaatenverarbeitung sogenannte kaltgepresste Pflanzenöle hergestellt werden, die keine Raffinationsschritte durchlaufen.[3]



Geschichte |




Alte Olivenölmühle in Mouriès (Südfrankreich)




Historisches Stampfwerk der Ölmühle in der Brandhöfer Mühle bei Gschwend


Als Lebensmittel hat Pflanzenöl eine sehr lange Geschichte. Die Verfahren, Pflanzenöl aus den Saaten und Früchten auszupressen, sind in diesem Kontext entstanden. Ölmühlen sind mindestens seit der griechischen Antike bekannt. Zahlreiche Mühlen wurden in Olynth gefunden, die Stadt wurde jedoch 348 v. Chr. zerstört.[4] Im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland 4000 Ölmühlen. Mit Beginn der Industrialisierung im vorletzten Jahrhundert begann auch eine Zentralisierung in diesem Bereich. Durch den Überseehandel, teilweise auch durch die Ausbeutung von Kolonialgebieten in Ländern Afrikas wurden in großen Mengen Palmkerne und Erdnüsse nach Europa importiert und Öl aus ihnen gepresst.


Seit Beginn der 1990er Jahre hat es eine Wiederbelebung der Dezentralisierung der Ölmühlen gegeben. Eine der ältesten, noch produzierenden Ölmühlen ist die 1650 gegründete, heute unter Denkmalschutz stehende, Leinölmühle (Braun Mühle) in Pfaffroda.[5]


Mindestens zehn der großen Ölmühlen sind Tochterunternehmen internationaler Großunternehmen wie etwa Bunge Limited, Cargill oder Archer Daniels Midland.[6] Mehr als die Hälfte der dezentralen Ölmühlen befinden sich in Süddeutschland, insbesondere in Bayern.[7]



Historische Ölmühlen |




Ölmühle Halverde




Historische Ölmühle in Oberdreis


Die Ölmühle Berschweiler und die Brandhöfer Mühle bei Gschwend sind historische Ölmühlen, die nicht mehr in Betrieb sind, deren ursprüngliche Technik jedoch vollständig erhalten ist.[8] Diverse Ölmühlen finden sich in Freilichtmuseen, so beispielsweise im Vogtsbauernhof (Schwarzwald), in Fürth im Ostertal (Ölmühle Wern) und im Roscheider Hof (Obermosel). Die Herzsche Ölmühle in Wittenberge an der Elbe, 1823 gegründet und 1856 um den Speicher erweitert, bildet heute die Kulisse der Elblandfestspiele Wittenberge. In der Ölmühle Tiengen wird im Rahmen von Vorführungen der historische Herstellungsablauf gezeigt.


Seit 1923 ist die denkmalgeschützte Ölmühle der Essig- & Senffabrik Ph. Leman GmbH ununterbrochen in Betrieb. Früher wurden hier neben Senfsaaten und Raps vor allem Bucheckern gepresst.



Weblinks |



 Commons: Ölmühlen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Wiktionary: Ölmühle – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

  • Edgar Remmele (Technologie- und Förderzentrum TFZ): Handbuch Herstellung von Rapsölkraftstoff in dezentralen Ölgewinnungsanlagen. (PDF-Datei; 4,53 MB) Herausgegeben von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V., Gülzow 2008; ISBN 978-3-9803927-1-6.


Einzelnachweise |




  1. Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V.: Dezentrale Ölsaatenverarbeitung – Arbeitspapier 267. Landwirtschaftsverlag GmbH, Münster-Hiltrup 1999; S. 1–130


  2. Fediol: Oils and fats Production by main Countries 2005/06


  3. B. A. Widmann: Hintergründe und Zielsetzungen der dezentralen Ölsaatenverarbeitung, in: Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. (Hrsg.), Dezentrale Ölsaatenverarbeitung, Darmstadt, 2005, S. 13–21


  4. Helmuth Schneider: Die Gaben des Prometheus S. 94f. in: Wolfgang König (Hrsg.): Propyläen Technikgeschichte - Band 1, Propyläen, Berlin 1997.


  5. Geschichte der Ölmühle Dörnthal, abgerufen am 26. Dezember 2014


  6. Mitgliedsfirmen des Verbands der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e. V. (OVID)


  7. Dezentrale Ölmühlen in Deutschland, Webseite des Technologie- und Förderzentrums e. V., Bayern


  8. Detaillierte Darstellung von Mechanik und Technik historischer Ölmühlen bei Peter Nikolaus Caspar Egen: Ölmühlen. In: ders.: Untersuchungen über den Effekt einiger in Rheinland-Westphalen bestehenden Wasserwerke, hrsg. vom Ministerium des Innern für Handel, Gewerbe und Bauwesen, Teil I–II. A. Petsch, Berlin 1831, S. 158–167 (Google-Books).








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