Einheitsmatrix
Die Einheitsmatrix oder Identitätsmatrix ist in der Mathematik eine quadratische Matrix, deren Elemente auf der Hauptdiagonale eins und überall sonst null sind. Die Einheitsmatrix ist im Ring der quadratischen Matrizen das neutrale Element bezüglich der Matrizenmultiplikation. Sie ist symmetrisch, selbstinvers, idempotent und hat maximalen Rang. Die Einheitsmatrix ist die Darstellungsmatrix der Identitätsabbildung eines endlichdimensionalen Vektorraums. Sie wird unter anderem bei der Definition des charakteristischen Polynoms einer Matrix, orthogonaler und unitärer Matrizen, sowie in einer Reihe geometrischer Abbildungen verwendet.
Inhaltsverzeichnis
1 Definition
2 Beispiele
3 Eigenschaften
3.1 Elemente
3.2 Neutralität
3.3 Symmetrien
3.4 Kenngrößen
3.5 Potenzen
4 Verwendung
4.1 Lineare Algebra
4.2 Geometrie
5 Programmierung
6 Siehe auch
7 Literatur
8 Weblinks
9 Einzelnachweise
Definition |
Ist R{displaystyle R} ein Ring mit Nullelement 0{displaystyle 0} und Einselement 1{displaystyle 1}, dann ist die Einheitsmatrix In∈Rn×n{displaystyle I_{n}in R^{ntimes n}} die quadratische Matrix
In=(10⋯001⋱⋮⋮⋱⋱00⋯01){displaystyle I_{n}={begin{pmatrix}1&0&cdots &0\0&1&ddots &vdots \vdots &ddots &ddots &0\0&cdots &0&1end{pmatrix}}}.
Eine Einheitsmatrix ist demnach eine Diagonalmatrix, bei der alle Elemente auf der Hauptdiagonale gleich 1{displaystyle 1} sind. Als Schreibweise ist neben In{displaystyle I_{n}} (von Identität) auch En{displaystyle E_{n}} (von Einheit) gebräuchlich. Falls die Dimension aus dem Kontext hervorgeht, wird auch häufig auf den Index n{displaystyle n} verzichtet und nur I{displaystyle I} beziehungsweise E{displaystyle E} geschrieben.
Beispiele |
Ist R{displaystyle R} der Körper der reellen Zahlen und bezeichnen 0{displaystyle 0} und 1{displaystyle 1} die Zahlen Null und Eins, so sind Beispiele für Einheitsmatrizen:
- I1=(1), I2=(1001), I3=(100010001), I4=(1000010000100001){displaystyle I_{1}={begin{pmatrix}1end{pmatrix}}, I_{2}={begin{pmatrix}1&0\0&1end{pmatrix}}, I_{3}={begin{pmatrix}1&0&0\0&1&0\0&0&1end{pmatrix}}, I_{4}={begin{pmatrix}1&0&0&0\0&1&0&0\0&0&1&0\0&0&0&1end{pmatrix}}}
Eigenschaften |
Elemente |
Die Elemente einer Einheitsmatrix lassen sich mit dem Kronecker-Delta
- δij={1fallsi=j0fallsi≠j{displaystyle delta _{ij}=left{{begin{matrix}1quad {text{falls}}quad i=j\0quad {text{falls}}quad ineq jend{matrix}}right.}
angeben. Die Einheitsmatrix der Größe n×n{displaystyle ntimes n} kann so einfach durch
- In=(δij)i,j∈{1,…,n}{displaystyle I_{n}=(delta _{ij})_{i,jin {1,ldots ,n}}}
notiert werden. Die Zeilen und Spalten der Einheitsmatrix sind die kanonischen Einheitsvektoren e1,…,en{displaystyle e_{1},ldots ,e_{n}}, und man schreibt entsprechend
In=(e1,…,en){displaystyle I_{n}=(e_{1},ldots ,e_{n})},
wenn die Einheitsvektoren Spaltenvektoren sind.
Neutralität |
Für jede Matrix A∈Rm×n{displaystyle Ain R^{mtimes n}} gilt
Im⋅A=A⋅In=A{displaystyle I_{m}cdot A=Acdot I_{n}=A}.
Demnach ergibt das Produkt aus einer beliebigen Matrix mit der Einheitsmatrix wieder die gleiche Matrix. Die Menge der quadratischen Matrizen bildet zusammen mit der Matrizenaddition und der Matrizenmultiplikation einen (nichtkommutativen) Ring (Rn×n,+,⋅){displaystyle (R^{ntimes n},+,cdot )}. Die Einheitsmatrix ist dann das Einselement in diesem Matrizenring, also das neutrale Element bezüglich der Matrizenmultiplikation.
Symmetrien |
Die Einheitsmatrix ist symmetrisch, das heißt für ihre Transponierte gilt
(In)T=In{displaystyle (I_{n})^{T}=I_{n}},
und selbstinvers, das heißt für ihre Inverse gilt ebenfalls
(In)−1=In{displaystyle (I_{n})^{-1}=I_{n}}.
Kenngrößen |
Für die Determinante der Einheitsmatrix gilt
det(In)=1{displaystyle operatorname {det} (I_{n})=1},
was eine der drei definierenden Eigenschaften einer Determinante ist. Für die Spur der Einheitsmatrix gilt
spur(In)=∑i=1n1{displaystyle operatorname {spur} (I_{n})=sum _{i=1}^{n}1}.
Handelt es sich bei dem Ring um Z{displaystyle mathbb {Z} }, Q{displaystyle mathbb {Q} }, R{displaystyle mathbb {R} } oder C{displaystyle mathbb {C} }, erhält man demnach spur(In)=n{displaystyle operatorname {spur} (I_{n})=n}. Das charakteristische Polynom der Einheitsmatrix ergibt sich als
χIn(λ)=(λ−1)n{displaystyle chi _{I_{n}}(lambda )=(lambda -1)^{n}}.
Der einzige Eigenwert ist demnach λ=1{displaystyle lambda =1} mit Vielfachheit n{displaystyle n}. In der Tat gilt In⋅x=1⋅x{displaystyle I_{n}cdot x=1cdot x} für alle x{displaystyle x} des Moduls Rn{displaystyle R^{n}}. Ist R{displaystyle R} ein kommutativer Ring, so ist der Rang der Einheitsmatrix durch
- rang(In)=n{displaystyle operatorname {rang} (I_{n})=n}
gegeben.
Potenzen |
Die Einheitsmatrix ist idempotent, das heißt
In⋅In=In{displaystyle I_{n}cdot I_{n}=I_{n}},
und sie ist die einzige Matrix mit vollem Rang mit dieser Eigenschaft. Für das Matrixexponential einer reellen oder komplexen Einheitsmatrix gilt damit
exp(In)=∑k=0∞(In)kk!=∑k=0∞1k!⋅In=e⋅In{displaystyle exp(I_{n})=sum _{k=0}^{infty }{frac {(I_{n})^{k}}{k!}}=sum _{k=0}^{infty }{frac {1}{k!}}cdot I_{n}=ecdot I_{n}},
wobei e{displaystyle e} die eulersche Zahl ist.
Verwendung |
Lineare Algebra |
Die Menge der regulären Matrizen der Größe n×n{displaystyle ntimes n} bildet mit der Matrizenmultiplikation die allgemeine lineare Gruppe. Für alle Matrizen A{displaystyle A} dieser Gruppe und ihre Inversen A−1{displaystyle A^{-1}} gilt dann
A−1⋅A=A⋅A−1=In{displaystyle A^{-1}cdot A=Acdot A^{-1}=I_{n}}.
Das Zentrum dieser Gruppe sind gerade die Vielfachen (ungleich null) der Einheitsmatrix. Für eine orthogonale Matrix A∈Rn×n{displaystyle Ain mathbb {R} ^{ntimes n}} gilt nach Definition
- A⋅AT=AT⋅A=In{displaystyle Acdot A^{T}=A^{T}cdot A=I_{n}}
und entsprechend dazu für eine unitäre Matrix A∈Cn×n{displaystyle Ain mathbb {C} ^{ntimes n}}
A⋅AH=AH⋅A=In{displaystyle Acdot A^{H}=A^{H}cdot A=I_{n}}.
Diese Matrizen bilden jeweils Untergruppen der entsprechenden allgemeinen linearen Gruppe. Die nullte Potenz einer quadratischen Matrix A∈Rn×n{displaystyle Ain R^{ntimes n}} wird als
- A0=In{displaystyle A^{0}=I_{n}}
festgelegt. Weiter wird die Einheitsmatrix bei der Definition des charakteristischen Polynoms
- χA(λ)=det(A−λIn).{displaystyle chi _{A}(lambda )=det(A-lambda I_{n}).}
einer quadratischen Matrix verwendet. Die Einheitsmatrix ist die Darstellungsmatrix der Identitätsabbildung id:V→V{displaystyle operatorname {id} colon Vto V} eines endlichdimensionalen Vektorraums V{displaystyle V}.
Geometrie |
In der analytischen Geometrie werden Einheitsmatrizen unter anderem bei der Definition folgender Abbildungsmatrizen T{displaystyle T} verwendet:
Punktspiegelung am Koordinatenursprung:
T=−I{displaystyle T=-I}
Zentrische Streckung mit dem Streckungsfaktor m>0{displaystyle m>0} und dem Ursprung als Zentrum:
T=m⋅I{displaystyle T=mcdot I}
Spiegelung an einer Ursprungsgerade mit Einheits-Richtungsvektor v{displaystyle v}:
T=2vvT−I{displaystyle T=2vv^{T}-I}
Spiegelung an einer Ursprungsgerade (2D) oder Ursprungsebene (3D) mit Einheits-Normalenvektor n{displaystyle n}:
T=I−2nnT{displaystyle T=I-2nn^{T}}
Projektion auf den Komplementärraum, wenn P{displaystyle P} eine Projektionsmatrix auf eine Ursprungsebene oder -gerade ist:
T=I−P{displaystyle T=I-P}
Programmierung |
In dem numerischen Softwarepaket MATLAB wird die Einheitsmatrix der Größe n×n{displaystyle ntimes n} durch die Funktion eye(n)
erzeugt.[1] In Mathematica erhält man die Einheitsmatrix durch IdentityMatrix[n]
.
Siehe auch |
Einsmatrix, eine Matrix, die nur aus Einsen besteht
Nullmatrix, eine Matrix, die nur aus Nullen besteht
Standardmatrix, eine Matrix, die aus genau einer Eins und sonst nur Nullen besteht
Permutationsmatrix, eine Matrix, die durch Zeilen- oder Spaltenvertauschungen aus einer Einheitsmatrix entsteht
Elementarmatrix, eine Matrix, die sich nur an einer Position oder durch Zeilentausch von einer Einheitsmatrix unterscheidet
Literatur |
Siegfried Bosch: Lineare Algebra. Springer, 2006, ISBN 3-540-29884-3.
- Karsten Schmidt, Götz Trenkler: Einführung in die Moderne Matrix-Algebra. Springer, 2006, ISBN 3-540-33008-9.
Weblinks |
Eric W. Weisstein: Identity Matrix. In: MathWorld (englisch).- mathcam: Identity matrix. In: PlanetMath. (englisch)
Einzelnachweise |
↑ Christoph W. Überhuber, Stefan Katzenbeisser, Dirk Praetorius: MATLAB 7: Eine Einführung. Springer, 2007, S. 18.