Vektorfeld
In der mehrdimensionalen Analysis und der Differentialgeometrie ist ein Vektorfeld eine Funktion, die jedem Punkt eines Raumes einen Vektor zuordnet.
Stetige Vektorfelder sind von großer Bedeutung in der physikalischen Feldtheorie, zum Beispiel um die Geschwindigkeit und Richtung eines Teilchens einer bewegten Flüssigkeit anzugeben, oder um die Stärke und Richtung einer Kraft, wie der magnetischen oder der Schwerkraft, zu beschreiben. Die Feldgrößen dieser Vektorfelder lassen sich durch Feldlinien veranschaulichen.
Inhaltsverzeichnis
1 Vektorfelder im euklidischen Raum
1.1 Definition
1.2 Beispiele
1.3 Quellenfreie und wirbelfreie Vektorfelder; Zerlegungssatz
2 Vektorfelder auf Mannigfaltigkeiten
2.1 Definition
2.2 Anmerkungen
3 Anwendungen
4 Einzelnachweise
5 Literatur
Vektorfelder im euklidischen Raum |
Definition |
Unter einem Vektorfeld v{displaystyle v} auf einer Menge Ω⊂Rn{displaystyle Omega subset mathbb {R} ^{n}} versteht man eine Abbildung, die jedem Punkt x∈Ω{displaystyle xin Omega } einen Vektor v(x)∈Rn{displaystyle v(x)in mathbb {R} ^{n}} zuordnet, v:Ω→Rn{displaystyle vcolon Omega rightarrow mathbb {R} ^{n}}. Ist v{displaystyle v} k{displaystyle k}-mal differenzierbar, so spricht man von einem Ck{displaystyle C^{k}}-Vektorfeld.
Anschaulich wird also an jedem Punkt der Menge Ω{displaystyle Omega } ein „Pfeil angebracht“.
Beispiele |
- Gradientenfeld: Ist f:Ω→R{displaystyle fcolon Omega rightarrow mathbb {R} } eine differenzierbare Funktion auf einer offenen Menge Ω⊂Rn{displaystyle Omega subset mathbb {R} ^{n}}, so wird das Gradientenfeld gradf:Ω→Rn{displaystyle operatorname {grad} fcolon Omega rightarrow mathbb {R} ^{n}} von f{displaystyle f} definiert durch die Zuordnung
x↦gradf(x)=(∂f∂x1(x),…,∂f∂xn(x)){displaystyle xmapsto operatorname {grad} f(x)=left({frac {partial f}{partial x_{1}}}(x),dotsc ,{frac {partial f}{partial x_{n}}}(x)right)}.
- Oft schreibt man es mit dem Nabla-Symbol: gradf=∇f{displaystyle operatorname {grad} f=nabla f}. Ist ein Vektorfeld v{displaystyle v} das Gradientenfeld einer Funktion f{displaystyle f}, das heißt v=∇f{displaystyle v=nabla f}, so bezeichnet man f{displaystyle f} als Potential. Man sagt auch v{displaystyle v} besitzt ein Potential.
- Beispiele von Gradientenfeldern sind das von einer Punktquelle nach allen Seiten gleichmäßig fließende Feld einer Strömung und das elektrische Feld um eine Punktladung.
- Zentralfelder: Sei I{displaystyle I} ein Intervall, welches die Null enthält, und K(I)={x∈Rn:‖x‖∈I}⊂Rn{displaystyle K(I)={xin mathbb {R} ^{n}:|x|in I}subset mathbb {R} ^{n}} eine Kugelschale. Zentralfelder auf der Kugelschale sind definiert durch
v(x)=a(‖x‖)⋅x{displaystyle v(x)=a(|x|)cdot x} mit a:I→R{displaystyle acolon Irightarrow mathbb {R} }.
- In R3∖{0}{displaystyle mathbb {R} ^{3}backslash {0}} ist das Gravitationsfeld v(x)=−x‖x‖3{displaystyle v(x)=-{frac {x}{|x|^{3}}}} ein solches Zentralfeld.
- Weitere Beispiele sind im R3{displaystyle mathbb {R} ^{3}} die mathematisch diffizileren sogenannten „Wirbelfelder“. Sie lassen sich als Rotation eines Vektorpotentials A{displaystyle mathbf {A} } beschreiben, nach der Formel v(r)=rotA{displaystyle mathbf {v} (mathbf {r} )=mathbf {rot,,} mathbf {A} } (s. u.).
- Prägnantes Beispiel eines Wirbelfeldes ist das in Kreislinien um den Ausfluss einer „Badewanne“ herumwirbelnde Strömungsfeld, oder das Magnetfeld um einen stromdurchflossenen Draht.
Quellenfreie und wirbelfreie Vektorfelder; Zerlegungssatz |
Ein mindestens zweimal stetig differenzierbares Vektorfeld v(r){displaystyle mathbf {v} (mathbf {r} )} im R3{displaystyle mathbb {R} ^{3}} heißt quellenfrei (beziehungsweise wirbelfrei), wenn seine Quellendichte (Divergenz) beziehungsweise Wirbeldichte (Rotation) dort überall Null ist. Unter der weiteren Voraussetzung, dass die Komponenten von v{displaystyle mathbf {v} } im Unendlichen hinreichend rasch verschwinden, gilt der sogenannte Zerlegungssatz: Jedes Vektorfeld v(r){displaystyle mathbf {v} (mathbf {r} )} ist eindeutig durch seine Quellen bzw. Wirbel bestimmt, und zwar gilt die folgende Zerlegung in einen wirbelfreien beziehungsweise quellenfreien Anteil:
v(r)≡−gradr∫R3d3r′div′v(r′)4π|r−r′|+rotr∫R3d3r′rot′v(r′)4π|r−r′|{displaystyle mathbf {v} (mathbf {r} )equiv mathbf {-grad_{mathbf {r} },,} int _{mathbb {R} ^{3},},d^{3}mathbf {r} ',{frac {mathrm {{div'},,} mathbf {v} (mathbf {r} ')}{4pi |mathbf {r} -mathbf {r} '|}}+mathbf {rot_{mathbf {r} },,} int _{mathbb {R} ^{3},},d^{3}mathbf {r} ',,{frac {{mathbf {rot',,} }mathbf {v} (mathbf {r} ')}{4pi |mathbf {r} -mathbf {r} '|}}}.
Dies entspricht der Zerlegung eines statischen elektromagnetischen Feldes in den elektrischen beziehungsweise magnetischen Anteil (siehe Elektrodynamik)[1]. Es sind also genau die Gradientenfelder (d. h. die „elektrischen Feldkomponenten“) wirbelfrei bzw. genau die Wirbelfelder (d. h. die „magnetischen Feldkomponenten“) quellenfrei. Dabei sind gradϕ(r):=∇ϕ,{displaystyle mathbf {grad,,} phi (mathbf {r} ):=nabla phi ,,} divv:=∇⋅v{displaystyle mathrm {div,,} mathbf {v} :=nabla cdot mathbf {v} } und rotv:=∇×v{displaystyle mathbf {rot,,} mathbf {v} :=nabla times mathbf {v} } die bekannten, mit dem Nabla-Operator (∇{displaystyle nabla }) der Vektoranalysis gebildeten Operationen.
Vektorfelder auf Mannigfaltigkeiten |
Definition |
Sei M{displaystyle M} eine differenzierbare Mannigfaltigkeit. Ein Vektorfeld ist ein (glatter) Schnitt im Tangentialbündel TM{displaystyle TM}.
Ausführlicher heißt das, ein Vektorfeld ist eine Ck{displaystyle C^{k}}-Abbildung v{displaystyle v}, so dass v:M→TM{displaystyle vcolon Mto TM} mit π∘v=idM{displaystyle pi circ v=operatorname {id} _{M}} gilt. Es wird also jedem x∈M{displaystyle xin M} ein Vektor v(x)∈TxM{displaystyle v(x)in T_{x}M} zugeordnet. Die Abbildung π{displaystyle pi } ist die natürliche Projektion π:TM→M{displaystyle pi colon TMto M} mit (p,v)↦p{displaystyle (p,v)mapsto p}.
Anmerkungen |
Diese Definition verallgemeinert die Vektorfelder im euklidischen Raum. Es gilt nämlich Rn≅TpRn{displaystyle mathbb {R} ^{n}cong T_{p}mathbb {R} ^{n}} und TRn≅Rn×Rn{displaystyle Tmathbb {R} ^{n}cong mathbb {R} ^{n}times mathbb {R} ^{n}}.
Im Gegensatz zu Vektorfeldern wird durch ein Skalarfeld jedem Punkt einer Mannigfaltigkeit ein Skalar zugeordnet.
Vektorfelder sind gerade die kontravarianten Tensorfelder erster Stufe.
Anwendungen |
Vektor- und Kraftfelder haben außer in Physik und Chemie auch große Bedeutung in zahlreichen Fachgebieten der Technik: Elektrotechnik, Geodäsie, Mechanik, Atomphysik, Angewandte Geophysik.
Einzelnachweise |
↑ Siehe u. a. U. Krey, A. Owen, Basic Theoretical Physics – A Concise Overview, Berlin, Springer 2007, ISBN 978-3-540-36804-5 , part II
Literatur |
Konrad Königsberger: Analysis 2. 5. korrigierte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2004, ISBN 3-540-20389-3.- R. Abraham, J. E. Marsden, T. Ratiu: Manifolds, Tensor Analysis, and Applications. 2. Auflage. Springer, Berlin 1988, ISBN 3-540-96790-7 (englisch).
- John M. Lee: Introduction to smooth manifolds (= Graduate Texts in Mathematics 218). Springer, New York u. a. 2003, ISBN 0-387-95495-3.