Fixpunktsatz von Brouwer




Der Fixpunktsatz von Brouwer ist eine Aussage aus der Mathematik. Er ist nach dem niederländischen Mathematiker Luitzen Egbertus Jan Brouwer benannt und besagt, dass die Einheitskugel Dn{displaystyle D^{n}} die Fixpunkteigenschaft hat. Mit Hilfe dieser Aussage kann man Existenzaussagen über Lösungen reeller, nichtlinearer Gleichungssysteme machen.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Aussage


  • 2 Beweisidee


  • 3 Topologisch gleichwertige Formulierungen


  • 4 Verallgemeinerungen


    • 4.1 Der Ausfüllungssatz




  • 5 Literatur


  • 6 Weblinks


  • 7 Einzelnachweise





Aussage |


Mit Dn={x∈Rn:‖x‖1}{displaystyle D^{n}={xin mathbb {R} ^{n}:|x|leq 1}} wird die n{displaystyle n}-dimensionale Einheitskugel bezeichnet. Dann besitzt jede stetige Selbstabbildung von Dn{displaystyle D^{n}} in sich selbst mindestens einen Fixpunkt.


In Quantorenschreibweise lässt sich die Aussage durch


f∈C(Dn,Dn):∃x∈Dn:f(x)=x{displaystyle forall fin C(D^{n},D^{n}):exists xin D^{n}:f(x)=x}

darstellen.



Beweisidee |


Mittels des Approximationssatzes von Stone-Weierstraß kann man sich auf C1{displaystyle {mathcal {C}}^{1}}-Funktionen beschränken.


Nun nimmt man an, f{displaystyle f} habe keinen Fixpunkt. Dann ist F:Dn→Sn−1{displaystyle Fcolon D^{n}to S^{n-1}}, gegeben durch



F(x):=x+(1−|x|2+⟨x,x−f(x)|x−f(x)|⟩2−⟨x,x−f(x)|x−f(x)|⟩)x−f(x)|x−f(x)|{displaystyle F(x):=x+left({sqrt {1-|x|^{2}+leftlangle x,{frac {x-f(x)}{|x-f(x)|}}rightrangle ^{2}}}-leftlangle x,{frac {x-f(x)}{|x-f(x)|}}rightrangle right){frac {x-f(x)}{|x-f(x)|}}},



Illustration von F in D2


eine wohldefinierte und glatte Abbildung, die jedem Punkt in der Vollkugel den Schnittpunkt der Halb-Geraden von f(x){displaystyle f(x)} durch x{displaystyle x} mit der Sphäre zuordnet. F{displaystyle F} ist insbesondere eine Retraktion, d. h., für alle x∈Sn−1{displaystyle xin S^{n-1}} gilt F(x)=x{displaystyle F(x)=x}.


Dies führt man auf einen Widerspruch, indem man zunächst zeigt, dass für ωn−1:=F1dF2∧dFn{displaystyle omega ^{n-1}:=F^{1},mathrm {d} F^{2}wedge cdots wedge mathrm {d} F^{n}} gilt: n−1=0{displaystyle mathrm {d} omega ^{n-1}=0}. Dies sieht man leicht ein, da die Determinante der Jacobi-Matrix von F nach dem Satz von der inversen Funktion 0 sein muss.


Also gilt:


0=∫Dndωn−1=∫Sn−n−1{displaystyle 0=int _{D^{n}}mathrm {d} omega ^{n-1}=int _{S^{n-1}}omega ^{n-1}}

nach dem Satz von Stokes. Auf der Sphäre ist F{displaystyle F} aber die Identität. Damit gilt also (wieder nach dem Satz von Stokes):



=∫Sn−1x1dx2∧dxn=vol(Dn)≠0{displaystyle =int _{S^{n-1}}x_{1}mathrm {d} x^{2}wedge cdots wedge mathrm {d} x^{n}={rm {vol}}(D^{n})neq 0}.

Andere Beweise benutzen das Lemma von Sperner (siehe Aigner, Ziegler, Das Buch der Beweise, Kapitel 25) oder den Satz von Borsuk-Ulam.



Topologisch gleichwertige Formulierungen |


Die Aussage des Brouwerschen Fixpunktsatzes in ihrem topologischen Kerngehalt lässt sich also wie folgt zusammenfassen:[1]


  • Die (n−1){displaystyle (n-1)}-dimensionale Sphäre Sn−1{displaystyle S^{n-1}} ist niemals ein Retrakt der n{displaystyle n}-dimensionalen Einheitskugel Dn{displaystyle D^{n}}.

Oder anders gesagt:


  • Es gibt keine stetige Abbildung der n{displaystyle n}-dimensionalen Einheitskugel Dn{displaystyle D^{n}} auf die (n−1){displaystyle (n-1)}-dimensionale Sphäre Sn−1{displaystyle S^{n-1}}, welche die Punkte der Sn−1{displaystyle S^{n-1}} fix lässt.

Damit gleichwertig ist die folgende Darstellung[1]:


  • Eine Sphäre Sn−1{displaystyle S^{n-1}} ist nie ein zusammenziehbarer Raum.

Oder anders gesagt:


  • Die identische Abbildung idSn−1{displaystyle id_{S^{n-1}}} einer Sphäre Sn−1{displaystyle S^{n-1}} ist nicht nullhomotop.


Verallgemeinerungen |


Mittels einer stetigen Transformation auf das Simplex, das homöomorph zur Einheitskugel ist, lässt sich die Aussage des Satzes auf beliebige kompakte, konvexe Mengen in einem endlichdimensionalen Banachraum übertragen:


Sei f{displaystyle f} eine stetige Abbildung von einer nichtleeren, kompakten, konvexen Teilmenge eines endlichdimensionalen Banachraumes in sich selbst. Dann hat f{displaystyle f} einen Fixpunkt.

Auch diese Aussage wird manchmal als Fixpunktsatz von Brouwer bezeichnet, siehe hierzu auch seine Verallgemeinerung zum Fixpunktsatz von Schauder.



Der Ausfüllungssatz |


Die soeben angegebene Verallgemeinerung des Brouwerschen Fixpunktsatzes kann ihrerseits als Folgerung aus dem folgenden Satz gezogen werden, welcher auch als Ausfüllungssatz bezeichnet wird:[2]



Ist Ω{displaystyle Omega } eine beschränkte offene Teilmenge des Rn{displaystyle mathbb {R} ^{n}} und f:Ω¯Rn{displaystyle fcolon {overline {Omega }}rightarrow mathbb {R} ^{n}} eine stetige Abbildung und dabei

f(x)=x{displaystyle f(x)=x} für alle x∈Ω,{displaystyle xin partial {Omega },}


so gilt f(Ω¯)⊃Ω{displaystyle f({overline {Omega }})supset Omega }.


Den Zusammenhang mit dem Ausfüllungssatz erhält man, wenn man einbezieht, dass jeder endlichdimensionale Banachraum einem Rn{displaystyle mathbb {R} ^{n}} topologisch äquivalent ist und dass jede darin enthaltene kompakte, konvexe Teilmenge eine Menge von der Art der obigen Ω¯{displaystyle {overline {Omega }}} darstellt.


Der Ausfüllungssatz selbst ergibt sich aus einer direkten Anwendung der Eigenschaften des Abbildungsgrades.[3]



Literatur |




  • Piers Bohl: Über die Bewegung eines mechanischen Systems in der Nähe einer Gleichgewichtslage, Journal für die reine und angewandte Mathematik 127, 1904, S. 179–276


  • Jacques Hadamard: Note sur quelques applications de l’indice de Kronecker in Jules Tannery: Introduction à la théorie des fonctions d’une variable (Band 2), 2. Auflage, A. Hermann & Fils, Paris 1910, S. 437–477 (französisch)


  • L. E. J. Brouwer: Über Abbildung von Mannigfaltigkeiten (Juli 1910), Mathematische Annalen 71, 25. Juli 1911, S. 97–115 (Berichtigung, 23. Januar 1912, S. 598)


  • Harro Heuser: Lehrbuch der Analysis. Teil 2. 5. durchgesehene Auflage. Teubner, Stuttgart u. a. 1990, ISBN 3-519-42222-0, S. 593.


  • Egbert Harzheim: Einführung in die Kombinatorische Topologie (= DIE MATHEMATIK. Einführungen in Gegenstand und Ergebnisse ihrer Teilgebiete und Nachbarwissenschaften). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1978, ISBN 3-534-07016-X.  MR0533264



Weblinks |




  • Eric W. Weisstein: Brouwer Fixed Point Theorem. In: MathWorld (englisch).


  • Skript zur Mengentheoretische Topologie (PDF, deutsch) (1,72 MB)



 Commons: Brouwer fixed point theorem – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Einzelnachweise |




  1. ab Harzheim: S. 158


  2. Harzheim: S. 157–160


  3. Harzheim: S. 157




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