Leonhardskirche (Stuttgart)






Stuttgarter Leonhardskirche




Kopie der Kreuzigungsgruppe von Hans Seyfer


Die Leonhardskirche in Stuttgart ist die zweitälteste Kirchengründung in der Altstadt Stuttgarts und heute Mittelpunkt der Evangelischen Leonhardkirchengemeinde Stuttgart innerhalb des Kirchenkreises Stuttgart der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Bauwerk


  • 2 Innenraum und Personen


  • 3 Kreuzigungsgruppe


  • 4 Chorgestühl


  • 5 Orgel und Geläut


  • 6 Vesperkirche


  • 7 Literatur


  • 8 Weblinks


  • 9 Einzelnachweise





Bauwerk |


1337 wurde am Ort der heutigen Kirche – auf freiem Feld circa 500 Meter vor dem damaligen Esslinger Tor – eine kleine, dem heiligen Leonhard geweihte Kapelle errichtet. Wahrscheinlich diente der Bau zunächst als Station für Pilger des Jakobswegs.
Ab Ende des 14. Jahrhunderts entwickelte sich außerhalb des Esslinger Tores und mit der Kapelle als Zentrum eine Vorstadt, wahlweise nach Tor oder Kapelle als Esslinger oder Leonhardsvorstadt bezeichnet. Noch vor 1408 wurde der erste Bau durch eine einschiffige Kirche mit Chor und Turm ersetzt.
Mit der Aufgabe des Friedhofs der Stiftskirche wurde der Leonardskirchhof 1430 Friedhof für die Bürger Stuttgarts. Die Bedeutung der Kirche nahm weiter zu, obwohl sie bis 1806 Filialkirche blieb. Bereits im Jahr 1463 wurde eine Erweiterung der Kirche notwendig, die der Baumeister der Stiftskirche, Aberlin Jörg, bis 1466 durchführte. Nach dieser Baumaßnahme präsentierte sich die Leonhardskirche als spätgotische dreischiffige Hallenkirche mit leicht eingezogenem Chor und seitlich stehendem Turm. In dieser Form verblieb das Bauwerk fast unverändert bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs.
Nach dem verheerenden Bombardement Stuttgarts im Jahre 1944 wurde die stark beschädigte Kirche zwischen 1948 und 1954 durch Rudolf Lempp vereinfacht wiederaufgebaut.




Kreuzigungsgruppe von Hans Seyfer, 1818.



Innenraum und Personen |


In der Kirche wurde 1522 der Humanist Johannes Reuchlin beigesetzt. Seine Grabplatte befindet sich im Chor. Eine Ausstellung erinnert an Reuchlins Leben und Werk.


Von 1841 bis 1845 predigte in der Leonhardskirche unter anderem Gustav Schwab.



Kreuzigungsgruppe |


Im Jahr 1501 schuf Hans Seyfer für den Leonhardskirchhof, der die Kirche seit dem Mittelalter bis zum Jahr 1805 umgab, eine Kreuzigungsgruppe, die vor der Chorwand der Kirche aufgestellt wurde. 1905 fertigte der Bildhauer Reichelt unter der Leitung von Adolf von Donndorf eine Kopie des Werks an, um das Original vor der Witterung zu schützen. Die Originalfiguren und das Kruzifix wurden im Chorschluss der Hospitalkirche auf würfelförmigen Podesten aufgestellt, „ohne den für die Komposition immens wichtigen Felshügel“.[1] Die Kreuzigungsgruppe wurde im Zweiten Weltkrieg 1944 stark beschädigt. 1948 wurde die durch den Kunstbildhauer Gerdes wiederhergestellte Gruppe wieder eingeweiht. Auf Grund des fortschreitenden Zerfalls musste sie 1975 abermals durch eine von dem Bildhauer Günter Schönfeld angefertigte Kopie ersetzt werden.[2]



Chorgestühl |




Historische Darstellung des Chorgestühls aus der Hospitalkirche von 1855. Die niedere Seitenwand links hängt heute als Bildwerk an der Wand. Der Rest des abgebildeten Chorgestühls ist fast original erhalten.



Das Chorgestühl wurde 1490 und 1493 von Hans Ernst von Böblingen bzw. Conrad Zolner und Hans Haß hergestellt und im Chor der Hospitalkirche aufgestellt. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Chorgestühl, das 1943 noch 63 Sitze umfasste, in der Thomaskirche in Stuttgart-Kaltental geborgen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die weitgehend zerstörte Leonhardskirche bis 1950 wieder aufgebaut, während das Schicksal der bis auf Turm, Chor und Südfassade zerstörten Hospitalkirche ungewiss blieb. Die erhalten gebliebenen Segmente des Chorgestühls wurden daher in der Leonhardskirche aufgestellt, wo sie auch nach dem Teilwiederaufbau der Hospitalkirche im Jahr 1960 weiterhin verblieben.


Das erhaltene Chorgestühl in der Leonhardskirche besteht aus sechs Sitzreihen aus Eichenholz mit 57 von ursprünglich 87 Sitzen. Die Sitze sind mit reichem Schnitzwerk an den Wangen, den Knäufen der Armlehnen und den Miserikordien ausgestattet und tragen an den Rücklehnen und Dorsalen Inschriften mit den Namen verbrüderter Klöster. Eine der beiden ursprünglich hinteren Sitzreihen wird von einem Baldachin überkrönt.



Orgel und Geläut |


Die Kirche erhielt im Jahre 1954 ein 4-stimmiges Bronzegeläut in den Tönen d', e', fis' und a'. Die große h°-Glocke ist eine Leihglocke. Daraus ergibt sich also nun die Tonfolge h°, d', e', fis', a'.


Die große Orgel der Leonhardskirche wurde 1970 durch die Orgelbaufirma Paul Ott (Göttingen) erbaut. Das Instrument hat 58 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch.[3]












































































I Hauptwerk C–


1. Rohrflöte 16′
2. Prinzipal 8′
3. Gemshorn 8′
4. Gedeckt 8′
5. Oktave 4′
6. Nachthorn 4′
7. Quinte
223
8. Oktave 2′
9. Waldflöte 2′
10. Mixtur V-VII 2′
11. Scharf II-IV
23
12. Trompete 16′
13. Trompete 8′
































































II Oberwerk C–


14. Singend Prinzipal 8′
15. Spitzgedeckt 8′
16. Oktave 4′
17. Blockflöte 4′
18. Oktave 2′
19. Sesquialtera II
223
20. Nasat
113
21. Oktave 1′
22. Scharf III-V 1′
23. Rankett 16′
24. Krummhorn 8′

Tremulant



































































































III Schwellwerk C–


25. Quintade 16′
26. Prinzipal 8′
27. Rohrflöte 8′
28. Spitzgambe 8′
29. Oktave 4′
30. Koppelflöte 4′
31. Streicherschwebung 4′
32. Nasat
223
33. Flachflöte 2′
34. Terz
135
35. Quinte
113
36. Septime
117
37. Sifflöte 1′
38. Mixtur V-VI
113
39. Terzzimbel III
16
40. Dulzian 16′
41. Oboe 8′
42. Trompete 4′

Tremulant





















































































Pedal C–


43. Untersatz 32′
44. Prinzipal 16′
45. Subbaß 16′
46. Quintbaß
1023
47. Oktave 8′
48. Spitzflöte 8′
49. Oktave 4′
50. Holzpfeife 4′
51. Nachthorn 2′
52. Großsesquialtera II
513
53. Rauschpfeife II
223
54. Mixtur VI 4′
55. Posaune 16′
56. Fagott 16′
57. Trompete 8′
58. Klarine 4′



  • Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P


Vesperkirche |


Diakoniepfarrer Martin Friz (1943–2011) ergriff 1995 erstmals die Initiative, in der Leonhardskirche eine Vesperkirche durchzuführen. Als Vesperkirche Stuttgart wurde das Sozialprojekt bundesweit beachtet und fand zahlreiche Nachahmer in anderen Städten Deutschlands.[4]



Literatur |




  • Thomas F. Dibdin: A bibliographical, antiquarian and picturesque tour in France and Germany, Band 3. London 1821, Seite 118–119, Tafel nach 118 (Kreuzigungsgruppe), online:.


  • Karl Halbauer: Ein herausragender Bildhauer des ausgehenden Mittelalters. Hans Seyfer (um 1465–1509). In: Christhard Schrenk (Herausgeber): Heilbronner Köpfe V. Lebensbilder aus fünf Jahrhunderten. Heilbronn 2009, Seite 238–240 (Kreuzigungsgruppe).


  • Carl Alexander von Heideloff (Herausgeber): Die Kunst des Mittelalters in Schwaben. Denkmäler der Baukunst, Bildnerei und Malerei. Stuttgart 1855–1864, Seite 26–27.


  • Christoph Hildebrandt-Ayasse: Seyffer Kreuzigungsgruppe. Stuttgart 2014, online:.


  • Werner Koch; Christopher Koch: Stuttgarter Friedhofsführer. Ein Wegweiser zu Gräbern bekannter Persönlichkeiten. Tübingen 2012, Seite 171–171 (Reuchlin-Grab).


  • Harald Möhring: Ev. St. Leonhardskirche Stuttgart. München 1984.


  • Eduard von Paulus: Die Kunst- und Altertums-Denkmale im Königreich Württemberg, Band: Inventare [Neckarkreis]. Stuttgart 1889, Seite 21–24.


  • Gustav Wais: Die St.-Leonhardskirche und die Hospitalkirche zu Stuttgart. Eine Darstellung der beiden gotischen Kirchen mit baugeschichtlichen und kunstgeschichtlichen Erläuterungen. Stuttgart 1956.



Weblinks |



 Commons: Leonhardskirche (Stuttgart) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


  • Website der Leonhardskirchengemeinde

  • Harald Möhring: Leonhardskirche, publiziert am 19.04.2018, in: Stadtarchiv Stuttgart: Stadtlexikon Stuttgart



Einzelnachweise |




  1. #Halbauer 2009.


  2. #Halbauer 2009, #Hildebrandt-Ayasse 2014, #Wais 1956, Seite 25–26, Tafel 14, 24-25.


  3. Nähere Informationen zur Ott-Orgel


  4. idea spektrum, Nr. 2 vom 11. Januar 2012, "Vesperkirchen werden immer beliebter", S. 33


48.7733638888899.1805361111111Koordinaten: 48° 46′ 24,1″ N, 9° 10′ 49,9″ O









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