Passat (Windsystem)
Ein Passat (portugiesisch passar ‚passieren‘, ‚vorbeilaufen‘, ‚-ziehen‘, ‚-gehen‘ oder italienisch passata ‚Überfahrt‘) ist ein mäßig starker und sehr beständiger Wind, der in den Tropen bis zu etwa 30° geographischer Breite rund um den Erdball auftritt.
Inhaltsverzeichnis
1 Unterscheidung
2 Entstehung der Passatwinde (Grundprinzipien)
3 Verschiebungen im Jahreslauf
4 Geschichte
5 Die Änderung der Windrichtung über dem Indischen Ozean
6 Tropische Wellen
7 Siehe auch
8 Weblinks
9 Einzelnachweise
Unterscheidung
Man unterscheidet zwei Passate mit unterschiedlichen Hauptwindrichtungen:
- Nordost-Passat auf der Nordhalbkugel
- Südost-Passat auf der Südhalbkugel
Die Richtung, aus der ein Wind weht, verleiht ihm den Namen. Der Nordost-Passat weht also aus nordöstlicher, der Südost-Passat aus südöstlicher Richtung.
Zwischen den Passatzonen liegt die Innertropische Konvergenzzone (ITC bzw. ITCZ), eine durch die vertikal aufsteigenden Luftmassen vorwiegend windstille Zone, in der Winde meist nur schwach und aus unterschiedlichen Richtungen wehen (siehe auch Walker-Zirkulation).
Der Passat kann je nach Beschaffenheit der überstrichenen Erdoberfläche unterschiedliche Eigenschaften haben. Weht er über Wasserflächen, kann er viel Feuchtigkeit aufnehmen und bringt als auflandiger Wind den Küstengebieten hohe Niederschläge. Überstreicht er jedoch große Landmassen, bleibt sein Feuchtigkeitsgehalt sehr gering und er verursacht trockenes Klima.
Entstehung der Passatwinde (Grundprinzipien)
Äquatornah steht die Sonne mittags fast senkrecht (bis zu 90° Einstrahlungswinkel, d. h. Stand im Zenit) und erwärmt dadurch die Luft über dem Boden sehr stark, obwohl die Tage nur 12 bis maximal 13,5 Stunden lang sind. Die erwärmte Luft verliert an Dichte und steigt auf, wodurch darunter (entlang der ITC) über dem Erdboden eine „Tiefdruckrinne“ entsteht.
Beim Aufsteigen kühlt sich die Luft adiabatisch ab, so dass Wasser kondensiert (Wolkenbildung) und oft heftige Gewittergüsse niedergehen. Über die Verdunstung am Boden und die Kondensation in der Höhe, die Wärme freisetzt, wird zusätzliche Wärmeenergie von der Erdoberfläche in die Höhe befördert.
An der Tropopause (in etwa 15 bis 18 Kilometer Höhe) strömt die Luft nach Norden und Süden vom Äquator weg. Dabei kühlt die Luft zwar weiter ab, bleibt im Vergleich zu den Luftmassen der höheren Breiten dennoch relativ warm. Durch die Temperaturschichtung von der sehr warmen, aus der ITC stammenden Luft, über der vergleichsweise weniger warmen Luft der höheren Breiten entsteht die stabile Passatinversion, die den vertikalen Luftaustausch weitgehend verhindert.
Bei der Bewegung polwärts werden die Luftmassen auf einen engeren Raum zusammengedrängt, weil sich die Meridiane vom Äquator bis zu den Polen einander immer weiter annähern (zum Vergleich: Abstand zweier Meridiane am Äquator rund 111 km, beim 30. Breitengrad rund 96 km). Diese räumliche Einengung drängt auch die Luftmassen zusammen und zwingt sie näher Richtung Boden. Ein Großteil der polwärts strömenden Luftmassen sinkt im Bereich um ca. 30° Nord bzw. 30° Süd ab. Dadurch entstehen in diesen Regionen stabile Hochdruckgebiete. Beim Absinken erwärmt sich die Luft.
Die aus dem Hochdruckgebiet ausströmende Luft folgt nun wieder dem Luftdruckgefälle, Hauptströmungen wehen daher zur Äquatorialen Tiefdruckrinne. Diese Winde sind relativ stabil, werden jedoch aufgrund der Erdrotation (siehe Corioliskraft) zu leicht östlichen Winden (also aus Osten kommend) abgelenkt, nämlich auf der Nordhalbkugel in Strömungsrichtung nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links. So entstehen die Nordost- respektive Südost-Passate, die sich allerdings im Jahreslauf in Nord-Süd-Richtung verschieben (siehe unten). Diese Winde sind in ihrer Richtung, Stärke und in Temperatur- und Niederschlagsverhältnissen so charakteristisch, dass sie schon früh namentlich bezeichnet und ihre Entstehung untersucht wurde.
Das Zusammenströmen der Passate gibt der innertropischen Konvergenzzone ihren Namen.
Die Einordnung der Passatwinde in globale Windsysteme ist unter Planetarische Zirkulation beschrieben.
Verschiebungen im Jahreslauf
Aufgrund der Schiefe der Ekliptik verschiebt sich der Zenitstand der Sonne im Jahreslauf: Am Tag der Sommersonnenwende (Sommeranfang) steht die Sonne über dem nördlichen Wendekreis, am Tag der Wintersonnenwende (Winteranfang) über dem südlichen. Durch die jahreszeitliche Veränderung der Sonneneinstrahlung verlagert sich die Innertropische Konvergenzzone und mit ihr verschiebt sich auch das Windsystem der Passatzirkulationen zwischen den beiden Wendekreisen. Dadurch geraten viele tropische Regionen im Jahresverlauf regelmäßig abwechselnd unter den Einfluss des Nordost- und des Südostpassatwindes.
Der Verlauf der Innertropischen Konvergenzzone kann zusätzlich aufgrund der Verteilung von Land- und Wassermassen bzw. deren unterschiedliches Erwärmungsverhalten sowie durch die Höhenzüge großer Gebirgsketten beeinflusst werden. So kommt es, dass sich beispielsweise über Nordpakistan die Innertropische Konvergenzzone im Sommer ungewöhnlich weit bis über den 35° Breitengrad hinaus verlagert.
Da der Feuchtigkeitsgehalt der Passatwinde davon abhängt, ob sie im Wesentlichen über Wasser- oder Landflächen ziehen, kann die resultierende Niederschlagsmenge von Nordost- und Südostpassat höchst unterschiedlich sein. In solchen Fällen treten jahreszeitliche Schwankungen der Niederschlagsmenge auf, die als Regen- und Trockenzeit bezeichnet werden. Beispielsweise liegt am Golf von Guinea in Westafrika die Regenzeit in den Monaten Mai bis Juli (Südostpassat), im Rest des Jahres herrscht Trockenzeit (Nordostpassat). Auch die Bildung der Atacamawüste im Norden Chiles ist auf (trockene) Passatwinde zurückzuführen.
Geschichte
Die Passatzirkulation, also die erdumspannende Luftströmung der Passatwinde, wurde erstmals 1735 von George Hadley sachlich richtig beschrieben, rund einhundert Jahre bevor Gaspard Gustave de Coriolis die Corioliskraft allgemeiner als Ursache der Bewegungsablenkung in westlicher Richtung erkannte. Das Luftzirkulationssystem, dem die Passate entspringen, wird daher Hadley-Zelle genannt.
Wegen seiner Beständigkeit wurde und wird der Passat von Segelschiffen zur zügigen Überquerung der Ozeane genutzt. Das traf in besonderem Maße zur Zeit der Segelschiffe zu, die aufgrund von Rahsegeln nur mühsam gegen den Wind kreuzen konnten und bei seitlichen oder achterlichen Winden deutlich höhere Geschwindigkeiten erzielten. Bis heute legen Segler ihre Route wegen der gut vorhersagbaren Windrichtungen gerne in die Passatregionen. Obwohl sich dadurch in aller Regel die zu segelnde Strecke verlängert, verkürzt dies durch die Ausnutzung der Passatwinde die Fahrtzeiten.
Der Nordost-Passat machte auch den Atlantischen Dreieckshandel der frühen Neuzeit möglich. Europäische Segelschiffe segelten zunächst an der afrikanischen Westküste nach Süden, bis sie vom Nordost-Passat erfasst wurden, mit dessen Hilfe eine zügige Fahrt gen Westen möglich war. Dort angekommen nutzten sie die nordgehende Meeresströmung, um aus dem Golf von Mexiko nach Norden zu kommen, von wo die Westwinde der Nordhalbkugel und der Golfstrom gemeinsam sie wieder nach Europa zurückbrachten.
Die Änderung der Windrichtung über dem Indischen Ozean
Verschiebt sich die ITC sehr weit auf die Nordhalbkugel, so überquert der Südost-Passat den Äquator und wird danach von der Corioliskraft nicht mehr nach Westen, sondern nach Osten abgelenkt. Der Südost-Passat dreht dadurch auf südwestliche Richtung (kommt also aus dem Südwesten). Dies passiert regelmäßig über dem Indischen Ozean, weil die ITC über Indien und Pakistan bei Sommeranfang ungewöhnlich weit nach Norden wandert (bis über den 30. nördlichen Breitengrad hinaus).
Tropische Wellen
In die Passatströmung eingebettet sind die Tropischen Wellen (easterly waves). Während die Bodenströmung aus Nordost bzw. Südost weht, herrscht in der Höhe ab ca. 2000 m meistens eine reine Ostströmung, der sogenannte Urpassat. Dieses breitenparallele Windband beginnt bisweilen zu schwingen und es bildet sich eine wellenförmige Strömung mit einer Wellenlänge um die 15 bis 30 Längengrade. Im Bereich dieser Wellen entsteht in Nord-Süd-Richtung hochreichende Quellbewölkung mit starken Regenschauern. Diese Schlechtwettergebiete wandern mit einer Zuggeschwindigkeit von ca. 22 km/h Richtung Westen und können die Keimzelle tropischer Wirbelstürme sein.
Siehe auch
- Planetarische Zirkulation
- Sekundäre innertropische Konvergenz
Weblinks
- Erläuterung der Passat- und Monsunzirkulation von Matthias Forkel
Einzelnachweise
↑ Wolfgang Latz (Hrsg.): Diercke Geographie. Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann 2007. Seite 32–37 und 110–121.