Laurenz Spenning






Blick in das von Spenning errichtete Langhausgewölbe des Wiener Stephansdomes (1474)


Laurenz Spenning (* um 1400/1410 in Dresden; † 7. August 1477 in Wien) war ein Baumeister der Gotik und zwischen 1454 und 1477 Vorsteher der Bauhütte des Wiener Stephansdomes. Seine grundlegende Bedeutung für die Architekturentwicklung des 15. Jahrhunderts wurde erst vor kurzem entdeckt.[1]




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Tätigkeit


  • 2 Würdigung


  • 3 Literatur


  • 4 Nachweise





Tätigkeit |


Spenning war in seiner Frühzeit vermutlich in Dresden tätig, wo der 1437 begonnene Chor der spätgotischen Kreuzkirche Ähnlichkeiten mit seiner Formensprache zeigte. Vermutlich hat er auch in Straßburg, Ulm und Regensburg an den dortigen kirchlichen Großprojekten mitgearbeitet und hier einen wesentlichen Teil seiner architektonischen Prägung erhalten.


1446 wurde Spenning aus Melk, wo er am spätgotischen Neubau der Stiftskirche beschäftigt war, als Parlier unter Hans Puchsbaum an den Wiener Stephansdom berufen.[2] 1452 hatte er in Wien zusammen mit Puchsbaum das 1446 zerstörte Denkmal der Spinnerin am Kreuz neuerrichtet,[3] bevor er 1454 selber die Leitung dieser überregional einflussreichen Bauhütte übernahm. 1459 war Laurenz Spenning, zusammen mit dem Straßburger Münsterbaumeister Jodok Dotzinger, an führender Stelle auf der überregionalen Tagung des deutschsprachigen Steinmetzhandwerkes, dem Regensburger Hüttentag, für die Reorganisation der Berufssatzung verantwortlich. Hier wird erstmals die Autorenschaft des entwerfenden Architekten betont und auf die zunehmende Individualität und künstlerische Autonomie der Bauentwürfe reagiert. Der Wiener Dombauhütte wurde bei dieser Gelegenheit eine exemte Stellung innerhalb des von Straßburg geleiteten Hüttenverbandes zugesichert und Spenning als im Land zu Lambach Steyren Burckhawssen Vungarn vnd die Thunau abhin als öbrister Maister anerkannt. In dieser Zeit wurde Spenning auch als Gutachter für den Bau des Ulmer Münsterturms hinzugezogen, wo er um 1460 einen Entwurf für die Fertigstellung des Turmunterbaus erstellte.[4]


Am Wiener Stephansdom zeichnete Spenning im Einzelnen für den Sakristeianbau (1458/59), die Westempore (1465), zwei Altarbaldachine (1466), den Friedrichsgiebel und die Singertorhalle (1470) sowie die Wölbung des Langhauses (1474) verantwortlich. Von ihm stammte auch der Entwurf zu dem 1467 begonnenen Nordturm, dessen Untergeschoss mit Vorhalle und Katharinenkapelle bei seinem Tode fertiggestellt war.[5] An der unmittelbar südlich des Stephansdomes gelegenen Virgilkapelle erbaute er um 1475 eine spätgotische Vorhalle.


Zu weiteren Werken Spennings gehören 1455 ein Entwurf für einen Rathausneubau in Wien (Maister Laurentzen pawmaister zu sant Steffan von wegen der visirung zum newn Rathaus), der Umbau der Kartause Gaming,[6] die Einwölbung des von Hans Puchsbaum errichteten Chores der Stadtpfarrkirche Steyr[7], sowie der Stadtpfarrkirche von Ybbs an der Donau[8] und die Einwölbung des Domes von Pressburg/Bratislava. Sein östlichstes Bauwerk war die Himmelfahrtskapelle an der Stiftskirche von Donnersmark (Slowakei). Viele dieser Aktivitäten wurden früher seinem Amtsvorgänger Hans Puchsbaum zugeschrieben.


1470 ließ er ein neues Gebäude für die Wiener Dombauhütte errichten, das erweiterten Raum auch für die Ausbildung der Werkmeister und vermutlich auch für die Archivierung eines umfangreichen Bestandes an Architekturzeichnungen bereitstellte. Ein großer Teil der damals entstandenen, gesammelten und sorgsam aufbewahrten Zeichnungen ist noch heute in Wien erhalten.[9]


Spenning hatte zusammen mit seiner Frau Kathrei eine Tochter Anna. Sein Nachfolger als Dombaumeister von St. Stephan wurde 1477 sein bisheriger Parlier und Schwiegersohn Simon Achleitner († 1488).



Würdigung |


Laurenz Spenning kann als der eigentliche Vollender des Wiener Stephansdomes gelten, unter dem dieser im Wesentlichen seine heutige Gestalt erhielt. Darüber hinaus war er als Architekt überregional an zahlreichen Kirchenbauten tätig. Charakteristisch für den Architekturstil Spennings ist eine bewusst retrospektive Grundhaltung in der Bevorzugung einer hochgotischen Formensprache unter weitgehendem Verzicht auf die in der Spätgotik vorherrschende Fischblase im Maßwerk, während er in den Einwölbungen, so vor allem im Wiener Stephansdom, zu sehr fortgeschrittenen Lösungen gelangte.


Nachdem der gesamte hinterlassene Zeichnungsbestand Spennings 1841 in den Besitz der Akademie der bildenden Künste Wien gelangt war, vermochte sein Werk einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung der Wiener Neugotik Friedrich von Schmidts und seiner Schüler auszuüben.



Literatur |




  • Jaroslav Bureš: Zum Werk des Meisters Laurenz Spenning. In: Évolution génerale et développements régionaux en histoire de l’art. Actes du 22e Congrès International d‘Histoire de l‘Art. Budapest, 1972: S. 539–542.


  • Johann Josef Böker: Architektur der Gotik. Bestandskatalog der weltgrößten Sammlung an gotischen Baurissen (Legat Franz Jäger) im Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien; mit einem Anhang über die mittelalterlichen Bauzeichnungen im Wien Museum Karlsplatz. Anton Pustet Verlag, Salzburg 2005.

  • Johann Josef Böker: Der Wiener Stephansdom. Architektur als Sinnbild für das Haus Österreich. Anton Pustet Verlag, Salzburg 2007, hier S. 252ff.

  • Johann Josef Böker: Laurenz Spenning und die Entwicklung des Architektenberufs im späten Mittelalter. In: Stefan Bürger, Bruno Klein (Hrsg.): Werkmeister der Spätgotik. Personen, Amt und Image. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, S. 162–170.



Nachweise |




  1. Johann Josef Böker: Laurenz Spenning und die Entwicklung des Architektenberufs im späten Mittelalter. In: Stefan Bürger, Bruno Klein (Hrsg.): Werkmeister der Spätgotik. Personen, Amt und Image. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, S. 162–170.


  2. Richard Perger: Die Baumeister des Wiener Stephansdomes im Spätmittelalter. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, 23, 1970, S. 97f.


  3. Friedrich Dahm, Manfred Koller: Die Wiener Spinnerin am Kreuz. Wien 1991.


  4. Johann Josef Böker u. a.: Architektur der Gotik. Ulm und Donauraum. Müry & Salzmann, Salzburg 2011, Nr. 7.


  5. Johann Josef Böker: Der Wiener Stephansdom. Architektur als Sinnbild für das Haus Österreich. Anton Pustet, Salzburg 2007, hier S. 252–294.


  6. Johann Josef Böker: Der spätgotische Umbau der Klosterkirche der Kartause Gaming. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, LX (2005), S. 223–234.


  7. Johann Josef Böker: Der Chor der Stadtpfarrkirche von Steyr und seine Baumeister. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege, LVII (2003), S. 213–232.


  8. Fritz Eheim: Die Wiener Dombauhütte und die Stadtpfarrkirche von Ybbs. In: Unsere Heimat. Zeitschrift des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich und Wien, XLIII (1972), S. 169–172.


  9. Johann Josef Böker: Architektur der Gotik. Bestandskatalog der weltgrößten Sammlung an gotischen Baurissen (Legat Franz Jäger) im Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien; mit einem Anhang über die mittelalterlichen Bauzeichnungen im Wien Museum Karlsplatz. Anton Pustet, Salzburg 2005.




























Popular posts from this blog

Liste der Baudenkmale in Friedland (Mecklenburg)

Single-Malt-Whisky

Czorneboh