Geschichte Grönlands




Die Geschichte Grönlands, der größten Insel der Erde, begann mit der Einwanderung der ersten Inuit vor etwa 5000 Jahren. Später kamen die Nordmänner, die man „Grænlendingar“ nannte und die um 1550 aus bisher ungeklärten Gründen wieder verschwanden.

Im 18. Jahrhundert folgte die „Wiederentdeckung“ und Kolonisierung durch Dänemark. Seit dem 1. Mai 1979 genießt Grönland, ebenso wie die Färöer, eine weitgehende Autonomie innerhalb des dänischen Königreichs.




Jagd und Walfang waren immer schon eine wichtige Lebensgrundlage in Grönland. Die Grönländer sind traditionell hervorragende Jäger mit ihren wendigen Kajaks. Diese Aufnahme stammt von 1904 und zeigt einen Inuk bei der Jagd auf Eisbären.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Besiedlung


  • 2 Christianisierung und Ende der Nordmännersiedlung


  • 3 Portugiesen in Grönland


  • 4 Die Rolle der Norweger und Dänen


  • 5 Systematische Erforschung der Küsten


  • 6 20. Jahrhundert und Gegenwart


    • 6.1 Norwegisch-Dänischer Konflikt


    • 6.2 Zweiter Weltkrieg und Kalter Krieg


    • 6.3 Entkolonialisierung


    • 6.4 Auswirkungen der Industrialisierung


    • 6.5 Autonomie




  • 7 Literatur


  • 8 Weblinks


  • 9 Einzelnachweise





Besiedlung |




Besiedlung Grönlands von 900 bis 1500


Um 3000 v. Chr. wanderten die Vorfahren der ersten Inuit über die Beringstraße aus Asien nach Alaska.


Um 2500 v. Chr. begannen die ersten Einwanderungen von Prä-Dorset-Eskimos nach Grönland (u. a. Menschen der Saqqaq-Kultur). Bereits aus dieser Zeit sind Jagdplätze zum Beispiel in der Disko-Bucht und bei Qaja in der Nähe des Jakobshavn Isfjords nachgewiesen. Von 500 v. Chr. bis 1000 n. Chr. siedelten Angehörige der Dorset-Kultur in Grönland. Ihnen folgten Angehörige der Thule-Kultur (siehe unten).


Um 875 entdeckte der Norweger Gunnbjørn die Insel und nannte sie Gunnbjørnland. 982 musste Erik der Rote aus Island fliehen und landete schließlich im Südwesten Grönlands. Er gab der Insel ihren Namen Grænland (altnordisch für „Grünland“), vermutlich um sie anderen isländischen Siedlern attraktiv zu machen. Allerdings war das Klima damals auch milder als heute. 986 erreichten 14 von 25 isländischen Auswandererschiffen mit 700 Menschen an Bord Grönland. Mit diesen Gefolgsleuten besiedelte Erik die Gegend um Brattahlíð, es begann die Landnahme. Aus der Zeit um 1000 sind im Süden Wohn- und Kirchenruinen nordländischer Siedler erhalten.


Heute leben in Grönland etwa 57.000 Menschen, 13.000 davon in der Hauptstadt Nuuk.



Christianisierung und Ende der Nordmännersiedlung |



Um 986 „entdeckte“ Bjarni Herjúlfsson, von Island kommend, „aus Versehen“ Nordamerika, als er den Weg nach Grönland suchte. Allerdings ging er nicht an Land.


1000 kehrte Leif Eriksson, der Sohn Eriks des Roten, von Norwegen, wo er Christ wurde, mit einem Missionar nach Grönland zurück. Die grönländischen Wikinger wurden Christen und errichteten die erste Kirche.


Um 1000 verfolgte Leif Eriksson von Grönland aus den Kurs Bjarni Herjúlfssons zurück und ging als (wahrscheinlich) erster Europäer in Nordamerika an Land (Vinland). Die Handelsbeziehungen mit Vinland dauerten bis ins 14. Jahrhundert.


Ab 1000 wanderten aus Alaska und Nordkanada Thule-Eskimos ein; in der Folgezeit wurde die Dorset-Kultur durch die bis etwa 1800 herrschende Thule-Kultur ersetzt.


1076 gab Adam von Bremen in seiner Chronik des Erzbistums Hamburg den ersten schriftlichen Nachweis über die Besiedlung und Christianisierung Grönlands, das bei ihm Gronland heißt.


Zwischen 1124 und 1126 wurde in Grönland eine eigene Diözese gegründet; der Bischofssitz war in Gardar, dem heutigen Igaliku mit der Kathedrale von Garðar. 1350 berichtete der isländische Kirchenmann Ivar Bardarsson, dass die westliche Siedlung aufgegeben sei. Inuit erschienen in der Nähe des Normannengebietes und rotteten die Vesterbygd-Grönländer aus. Eine schwedisch-norwegische Expedition unter Paul Knudson (1355–1364) fand keine Grænlendingar mehr vor. Von 1408 stammt die letzte schriftliche Aufzeichnung der Nordmänner, die von einer Hochzeit in der Kirche von Hvalsey berichtete. Die Kontakte mit Norwegen und Island rissen ab.


Spätestens um 1550 erlosch die letzte nordische Siedlung in Grönland. Neuere genetische Untersuchungen sowohl an heutigen Inuit als auch an archäologischen Überresten der Nordmänner scheinen eine Vermischung der beiden Gruppen auszuschließen, d. h., die Nordmänner sind wahrscheinlich ausgestorben.


Der Begriff „ausgestorben“ muss allerdings hinterfragt werden; denn es ging den rund 3500 Grönländern, die nach der Zerstörung der Vesterbygd überlebt hatten, wirtschaftlich gut. Sie hatten sich dem Klima perfekt angepasst, hatten große Höfe, in denen sie sogar Rinder und Schweine in kälteisolierten Ställen überwintern lassen konnten, und die Reichsten konnten ihren Frauen sogar teure Kleider spendieren, die nachweislich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Europa hergestellt wurden (Trachtenfunde aus den Gräbern von Herjolfsnes). Und sie leisteten sich 36 Kirchen, mit unvorstellbar teuren Glasfenstern.


Für das plötzliche Verschwinden der normannischen Grönländer gibt es mehrere Theorien:



  1. Die Klimatheorie („Kleine Eiszeit“). Ausgrabungen zeigen, dass die Grönländer die Architektur ihrer Häuser an die Umwelt angepasst hatten, zudem war Ende des 15. Jahrhunderts eine eher mildere Periode, der eigentliche Höhepunkt war erst etwa hundert Jahre nach ihrem „Verschwinden“.

  2. Sie seien nach Nordamerika ausgewandert: Sehr unwahrscheinlich, da sie seit langem keine seegängigen Schiffe mehr hatten. Außerdem: Warum sollte eine konservative kleine Bauernpopulation, die 500 Jahre ein neues Land erfolgreich bewirtschaftet hatte, dieses so plötzlich verlassen? Und zwar, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen, wo es doch vorher so viele gegeben hatte?

  3. Die Vermischungstheorie mit den Inuit (Skraelingen, wie sie damals genannt wurden), die heute falsifiziert werden kann. Der Norweger Fridtjof Nansen vertrat sie leidenschaftlich.

  4. Die Kolonie wurde durch englische, deutsche, baskische oder portugiesische Piraten ausgelöscht. Nach einer von Niels Egede (Sohn des Hans Egede) aufgezeichneten Inuit-Erzählung soll es zu Kämpfen zwischen den – von den Inuit als Norweger bezeichneten – Grænlendingarn und fremden Schiffsbesatzungen gekommen sein.[1] In späteren Quellen, z. B. in Olaus Magnus’ De gentibus septentrionalis, um 1555, wird behauptet, dass es um das Jahr 1494 einen Piratenstützpunkt in Grönland gegeben habe, der in dem Konflikt um den Island-Handel zwischen englischen Kaufleuten, der dänischen Krone und der Hanse relevant gewesen sei.[2]

  5. Wahrscheinlich ist die Ausrottung der europäischen Grönländer durch die Inuit. Zahlreiche Funde von Beutestücken in Inuitgräbern, z. B. Hausrat und zerschlagene Glockenteile, sprechen dafür.


Inzwischen liegen aber auch erste Belege für die Theorie der kleinen Eiszeit vor. Wissenschaftler der Brown University in Providence, Rhode Island haben im Sediment einer Wikingersiedlung bei Kangerlussuaq stichhaltige Beweise für einen raschen Klimawandel festgestellt.[3]


Neueste Forschung und archäologische Ausgrabungen dänischer Wissenschaftler ergaben, dass die normannischen Grönländer sich durch Umstellung auf Robbenfang gut auf die Klimaverschlechterung eingestellt hatten. Robben machten bis zu 80 % ihrer Ernährung aus. Die Rinderherden wurden durch genügsamere Ziegen und Schafe ersetzt. Die Aufgabe der Siedlungen sei auf mehrere Faktoren zurückzuführen: Die Auflassung der traditionellen Lebensweise zugunsten jener der Inuit schwächte die Identität der Siedler. Walrosszähne und Robbenfelle waren kaum noch gefragt, daher kamen kaum noch Handelsschiffe mit dringend benötigtem Bauholz und Eisenwerkzeugen auf die Insel. Viele junge und kräftige Bewohner verließen Grönland, bis die Siedlungen schließlich offenbar geplant aufgegeben wurden. Der Schwarze Tod und Landflucht hatten weite Teile von Island und Norwegen stark entvölkert, sodass ausreichend besseres Siedlungsland für die Aussiedler zur Verfügung stand.[4]


Der amerikanische Physiologe und Geograph Jared Diamond (2006, S. 335) formulierte es so: „Mit der Ankunft der Inuit und der Unfähigkeit oder Unwilligkeit der Wikinger, tief greifende Veränderungen zuzulassen, war das Quintett der Faktoren, die hinter dem Untergang der grönländischen Kolonie standen, schließlich komplett.“



Portugiesen in Grönland |


Vor 1473 sollen João Vaz Corte-Real sowie sein Sohn Gaspar Grönland betreten haben. Darum gibt es aus dieser Zeit Karten, die Grönland als portugiesisches Territorium zeigen.




Die Rolle der Norweger und Dänen |




„Apostel der Grönländer“: Hans Egede (1686–1758)


In Süd- und Mittelgrönland gab es seit der Christianisierung der Wikinger je eine norwegisch-isländische Siedlung. Nachdem die Siedlungen der Nordmänner untergegangen waren, wurde Grönland 1721 „wiederentdeckt“ und von Dänen besiedelt. Ökonomisch waren lediglich Stützpunkte für Walfang und Fischerei für Dänemark-Norwegen interessant.


Mit der Landung des dänisch-norwegischen Pfarrers Hans Egede 1721 beginnt die evangelische Missionierung der Inuit, an der auch deutsche Missionare großen Anteil hatten. 1733 landeten die ersten Herrnhuter auf Grönland - Christian und Matthäus Stach sowie Christian David (siehe auch Noorliit). Gleichzeitig wurden Handelsstationen errichtet. 1776 bekam der Kongelige Grønlandske Handel (KGH) das Handelsmonopol über Grönland. Der KGH übernahm auch die Verwaltung und weitere Missionstätigkeit.


Im 18. und 19. Jahrhundert wurde Grönland immer wieder von niederländischen, dänisch-norwegischen, deutschen und anderen Walfängern besucht. Die „Grönlandfahrt“ trug wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung Flensburgs bei, das damals zweitgrößter Hafen im dänischen Gesamtstaat war.


1814 wurde im Frieden von Kiel die dänisch-norwegische Personalunion aufgelöst, Grönland fiel an Dänemark.


Ab 1862 wurden die Einheimischen formal in die lokale Verwaltung sozialer Angelegenheiten miteinbezogen. Ab 1911 entstanden Gemeinderäte und zwei Landsräte, und ab 1925 wurde das Land von der Grønlands styrelse regiert, deren Direktor dem dänischen Staatsministerium unterstand. 1953 wurde Grönland gleichwertige Provinz im dänischen Königreich.



Systematische Erforschung der Küsten |


Ab 1876 wurde die Westküste bis auf 74° 30′ nördlicher Breite auf Initiative der Dänischen Kommission zur geologischen und geografischen Untersuchung Grönlands detailliert erforscht. Finanziert wurden die Forschungen durch den dänischen Staat. Die Melville-Bucht nördlich dieser Küstenstrecke untersuchte 1894 Eivind Astrup (1871–1895), sowie noch intensiver Ludvig Mylius-Erichsen und Harald Moltke 1903/04. Die Gegend nördlich von Kap York (76° n. Br.) wurde hauptsächlich durch eine Reihe britischer und amerikanischer Expeditionen unter John Ross, Edward Inglefield, Isaac Israel Hayes, Charles Francis Hall, George Nares, Adolphus Greely und vor allem durch Robert Edwin Peary bekannt, der 1901 das nördliche Ende Grönlands erreichte.


Die Ostküste bis auf 66° nördlicher Breite erforschten 1883 Adolf Erik Nordenskiöld, 1883 bis 1885 die Dänen Thomas Vilhelm Garde und Gustav Frederik Holm sowie später verschiedene andere Expeditionen. Die Strecke bis auf 70° n. Br. wurde 1898 bis 1900 durch den Dänen Georg Carl Amdrup kartiert. Das von William Scoresby 1822 entdeckte Fjordsystem des nach ihm benannten Scoresbysund untersuchten 1891/1892 der Däne Carl Hartvig Ryder, 1899 der Schwede Alfred Gabriel Nathorst (bis auf 72° n. Br.) sowie im Jahr 1900 der Däne Nikolaj Hartz.


Das große System der Buchten König-Oskar-Fjord und Kaiser-Franz-Joseph-Fjord wurde 1899 untersucht und kartiert durch Nathorst. Die Strecke vom Kaiser-Franz-Joseph-Fjord zum Kap Bismarck (77°) erforschte hauptsächlich die deutsche Expedition von 1869 bis 1870 unter Carl Koldewey, der den Kaiser-Franz-Joseph-Fjord entdeckt hatte. 1905 gelang es dem Belgier Adrian de Gerlache erstmals mit einem Schiff bis auf 78° nördliche Breite vorzudringen. Vollständig untersucht wurde dieser Küstenabschnitt bei einer dänischen Expedition von 1906 bis 1908 unter Ludvig Mylius-Erichsen. Die Forschungen erstreckten sich so weit, dass sie die Nordspitze Grönlands erreichten und in das Gebiet auf der Westseite vordrangen, die schon von Robert Edwin Peary besucht worden waren.[5]



20. Jahrhundert und Gegenwart |


Im Ersten Weltkrieg blieb Dänemark (und damit auch Grönland) neutral.


Mit Knud Rasmussen hatte Grönland Anfang des 20. Jahrhunderts seinen eigenen Polarforscher, der von Thule ausgehend sieben Expeditionen unternahm.



Norwegisch-Dänischer Konflikt |




1921 erklärte Dänemark seine Oberhoheit über Grönland. Auf norwegischer Seite behauptete man, dass gemäß dem Frieden von Kiel die dänische Hoheit nur für die wirtschaftlich ausgebeuteten Gebiete in Westgrönland gelte. Dennoch erkannte Norwegen die dänischen Ansprüche zunächst an.

Als Dänemark allerdings Ostgrönland für Nicht-Dänen schloss, erhob sich erneut norwegischer Protest. 1930 begannen norwegische Fischer mit Wohlwollen ihrer Regierung, Ostgrönland zu besetzen. 1933 gab Norwegen nach einem Schiedsspruch des Permanenten Internationalen Gerichtshofes in Den Haag seine Ansprüche auf Grönland endgültig zugunsten Dänemarks auf.



Zweiter Weltkrieg und Kalter Krieg |



Im Zweiten Weltkrieg wurde Dänemark am 9. April 1940 im Rahmen der Operation Weserübung von Deutschland besetzt. Grönland war von da an von Dänemark abgeschnitten. Die dänischen Beamten vor Ort übernahmen die Staatsgewalt. Einen Tag nach der deutschen Besetzung erklärte der dänische Gesandte in den USA, Henrik Kauffmann, dass er keine Weisungen aus Kopenhagen mehr entgegennehmen werde. Washington betrachtete ihn dennoch weiterhin als den dänischen Botschafter und ging mit ihm am 9. April 1941 einen Vertrag ein, der die Errichtung von US-amerikanischen Basen in Grönland garantierte, nachdem deutsche Kriegsschiffe vor Grönland auftauchten.


Daraufhin diente Grönland vor allem als Basis für atlantiküberwachende Flugzeuge auf der Suche nach deutschen U-Booten und wurde als Basis und Auftankstation für eigene Seemissionen benutzt. Es gab darüber hinaus auch deutsche Versuche, die Insel zur Errichtung von Wetterstationen zu nutzen, die allesamt scheiterten (Unternehmen Holzauge, Unternehmen Bassgeiger, Unternehmen Edelweiss und Unternehmen Zugvogel). Als Reaktion wurde ein Patrouillendienst mit Schlittenhunden in Nordost-Grönland eingerichtet (Sirius-Patrouille).




Luftbild mit Thule Air Base im Vordergrund


Mit dem Vertrag vom 27. April 1951 wurde Grönland in ein gemeinsames dänisch-amerikanisches Verteidigungsgebiet unter NATO-Regie umgewandelt. Die USA erbauten ab 1952 größere Luftstützpunkte wie die Thule Air Base, denn im Kalten Krieg spielte die Nähe zur UdSSR quer über den Nordpol für Bomber und Aufklärungsflugzeuge, die entlang einer Orthodrome in die UdSSR fliegen konnten, eine wichtige Rolle. 1953 wurden die Inuit aus Thule nach Qaanaaq umgesiedelt.



Entkolonialisierung |


Bereits 1950 erlosch das dänische Handelsmonopol. Grönland wurde damit für den Freihandel geöffnet. Der KGH verlor auch seine administrative Gewalt. Verwaltungschef wurde ein von Dänemark ernannter Landeshauptmann, und es gab einen demokratisch gewählten Landrat (landsråd), der allerdings nur beratende Funktion hatte.


Der Aufbau der Infrastruktur wurde durch die Grønlands Tekniske Forvaltning (GTO) übernommen (bis 1987). Neue technische Möglichkeiten wie Flugzeuge, Hubschrauber, Eisbrecher, Trawler, usw. ermöglichten die Schaffung einer Versorgungslage auf europäischem Niveau.


Mit Inkrafttreten des neuen dänischen Grundgesetzes am 5. Juni 1953 war Grönland keine Kolonie mehr. Das Land wurde nach dänischem Vorbild in drei Verwaltungsbezirke bzw. Provinzen (dänisch amter) mit insgesamt 18 Gemeinden (dänisch kommuner) eingeteilt. Seit 1953 entsendet Grönland auch zwei demokratisch gewählte Abgeordnete ins dänische Folketing (erstmals nach der Wahl am 22. September 1953).


Am 30. August 1955 wurde in Kopenhagen ein spezielles Grönlandsministerium eingerichtet, das bis 1987 existierte. Erster Grönlandsminister war Johannes Kjærbøl. Letzter Minister für Grönland war Tom Høyem.



Auswirkungen der Industrialisierung |


Die formale Entkolonialisierung und wirtschaftliche Öffnung blieb nicht ohne Folgen für die traditionelle Jägergesellschaft der Inuit, sodass viele auch von einer „kulturellen Kolonialisierung“ sprachen, vor der die Inuit zu Zeiten der Isolation weitgehend geschützt gewesen waren.


In den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Jägergesellschaft schlagartig ins Industriezeitalter katapultiert. Die Umwälzungen schufen unmittelbar bessere Lebensbedingungen und Ausbildungsmöglichkeiten nach europäischen (dänischen) Standards, führten aber auch zu einer tiefgreifenden nationalen Identitätskrise. Alkoholmissbrauch und Kriminalität wurden zu Problemen.


Seit Beginn der 1960er Jahre wurde die Nationalbewegung mit ihrer Forderung nach Selbstverwaltung immer stärker und entlud sich an einem Gesetz, in dem Dänen bei gleicher Arbeit ein höherer Lohn zustehen sollte als geborenen Grönländern. Nach dem Beitritt Dänemarks (mit Grönland) zur Europäischen Gemeinschaft 1973 verschärfte sich der Protest erneut, denn bei der entsprechenden dänischen Volksabstimmung am 2. Oktober 1972 hatten nur 3905 Grönländer für den Beitritt gestimmt, während 9.386 dagegen gewesen waren.


In der Folge wurde 1975 eine paritätisch besetzte grönländisch-dänische Kommission gebildet, die ein Autonomiegesetz nach dem Vorbild der Färöer ausarbeiten sollte.



Autonomie |


Als Ergebnis der Verhandlungen der dänisch-grönländischen Kommission wurde 1978 eine entsprechende Verordnung vom Folketing verabschiedet. Bei der darauf folgenden Volksabstimmung in Grönland am 17. Januar 1979 sprach sich die große Mehrzahl der Grönländer für dieses Autonomiegesetz aus.


Am 1. Mai 1979 erlangte Grönland schließlich seine Selbstverwaltung und die innere Autonomie mit eigenem Parlament und eigener Regierung. Erster Ministerpräsident war Jonathan Motzfeldt.


Aufgrund der Zugehörigkeit zu Dänemark war Grönland Mitglied der Europäischen Gemeinschaft mit der Folge, dass europäische Konzerne auf Grönland nach Bodenschätzen suchen und europäische, vor allem westdeutsche Fangflotten in den Gewässern Grönlands fischen konnten (Überfischung). Dagegen entwickelte sich eine Volksbewegung mit dem Ziel, die Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft zu beenden. In Deutschland warb das Unterstützungskomitee für die Selbstbestimmung der Inuit in Grönland für das Anliegen der Grönländer. Am 23. Februar 1982 gab es in Grönland eine Volksabstimmung über den Austritt aus der Europäischen Gemeinschaft, der am 1. Januar 1985 vollzogen wurde. Grönland genießt in der EU allerdings weiterhin den Status eines „assoziierten überseeischen Landes“ mit den Vorteilen einer Zollunion.


Am 25. November 2008 fand eine Volksabstimmung über eine Erweiterung der Autonomie statt. Bei einer Wahlbeteiligung von nahezu 72 % stimmten 39.611 Wahlberechtigte ab. Eine große Mehrheit von 75,5 % stimmte für die erweiterte Autonomie.


Am 21. Juni 2009 trat ein Abkommen zur erweiterten Autonomie in Kraft, das Grönland ein weiteres Stück unabhängiger von Dänemark macht. Nur noch Außen- und Verteidigungspolitik verbleiben in dänischer Verantwortung.[6]Kalaallisut, die Sprache der einheimischen Inuit, wird Landessprache; die grönländische Regierung übernimmt unter anderem die Zuständigkeiten für Polizei, Justiz und Küstenwache; die dänische Königin Margrethe bleibt formell Staatsoberhaupt Grönlands.


Nach dem Ende des Kalten Krieges verblasste die militärische Bedeutung Grönlands, allerdings gibt es Bemühungen der USA, auf Grönland Bodenstationen für den geplanten US-Atomraketenabfangschild errichten zu dürfen.



Literatur |




  • Jared Diamond: Kollaps. Warum Gesellschaften überleben oder untergehen. Aus dem Amerikanischen von Sebastian Vogel. Fischer Taschenbuch Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-596-16730-2; Kapitel 7: Die Blütezeit von Normannisch-Grönland, S. 262–310; Kapitel 8: Das Ende von Normannisch-Grönland, S. 311–345.


  • Lutz Mohr, Robert Liese: Wikinger zwischen Pommern und Polarkreis. Sagas oder Wahrheit. 2. Auflage. Leo-Verlag, Horn-Bad Meinberg 2002, ISBN 3-9805594-0-8, Kapitel 18: Erik der Rote – der Grönland-Entdecker und seine Sippe der wikingischen Vinland-Fahrer, S. 110–120.


  • Felix Niedner (Hrsg.): Grönländer und Färinger Geschichten. Thule, Band 13, übertragen von Felix Niedner. Neuausgabe mit Nachwort von Siegfried Beyschlag. Eugen Diederichs Verlag, Düsseldorf/Köln 1965.


  • Kirsten A. Seaver: Mit Kurs auf Thule. Die Entdeckungsreisen der Wikinger. Aus dem Englischen übersetzt von Karin Schuler. Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-8062-2411-5.



Weblinks |



 Commons: Geschichte Grönlands – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Wikisource: Grönland – Quellen und Volltexte


Einzelnachweise |




  1. In englischer Sprache wiedergegeben im letzten Drittel http://www.archaeology.org/online/features/greenland/


  2. Bestritten: Kirsten A. Seaver: The frozen echo: Greenland and the exploration of North America, ca. A.D. 1000–1500. S. 199f.


  3. Dirk Förger: Kaltes Klima vertrieb die Wikinger aus Grönland. Magazin Wissenschaft aktuell, 31. Mai 2012, abgerufen am 19. September 2012: „Aus den Sedimentproben zweier Seen nahe dem Siedlungsgebiet um die heutige Stadt Kangerlussuaq konnten sie eine komplette Klimageschichte der letzten 5600 Jahre erarbeiten, berichten sie im Wissenschaftsjournal Proceedings of the National Academy of Science. „Dies ist das erste quantitative Temperatur-Protokoll der Gegend, in der sie wirklich gelebt haben“, betont William D’Andrea von der Brown University in Providence, Rhode Island. „Da war tatsächlich ein Rückgang der Temperatur, kurz bevor die Wikinger verschwanden.“ Als Folge davon hätte sich die Zeit für den Ackerbau verkürzt und es habe weniger Futter für das Vieh gegeben. Außerdem hätte die Kaltzeit den Handel erheblich behindert, da das Meer wesentlich länger durch Eis blockiert gewesen sei.“ 


  4. Günther Stockinger: Als die Tranfunzeln erloschen. Knochenanalysen zeigen, wie sich die Wikinger auf Grönland im Mittelalter an die Abkühlung anpassten: Aus Rinderzüchtern wurden Robbenjäger. Warum gaben sie ihre Kolonie auf? In: Der Spiegel 2 (2013), S. 104f.


  5. Nordisk familjebok, Band 10, S. 491, Stichwort „Grönland“


  6. Neuer Autonomie-Status: Grönland nabelt sich von Dänemark ab. Artikel vom 21. Juni 2009 bei Spiegel Online, abgerufen am 21. Juni 2009


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