Lukian von Samosata
Lukian von Samosata (altgriechisch Λουκιανὸς ὁ Σαμοσατεύς .mw-parser-output .Latn{font-family:"Akzidenz Grotesk","Arial","Avant Garde Gothic","Calibri","Futura","Geneva","Gill Sans","Helvetica","Lucida Grande","Lucida Sans Unicode","Lucida Grande","Stone Sans","Tahoma","Trebuchet","Univers","Verdana"}Lukianós hó Samosateús, lateinisch Lucianus Samosatensis; * um 120 in Samosata; † vor 180 oder um 200 wahrscheinlich in Alexandria) war ein bekannter griechischsprachiger Satiriker der Antike.
Seine Geburtsstadt Samosata am Oberlauf des Euphrat war vor Lukians Lebzeiten die Hauptstadt des Königreichs Kommagene gewesen und wurde dann in die römische Provinz Syria eingegliedert; (ihre Ruinen liegen heute nahe der Stadt Samsat in der heutigen Südtürkei.) Lukian selbst bezeichnete sich daher als Syrer.[1]
Inhaltsverzeichnis
1 Leben
2 Werke
3 Rezeption
4 Ausgaben
5 Übersetzungen
6 Literatur
7 Weblinks
8 Anmerkungen
Leben |
Einer hellenisierten Familie ostsyrischer Abstammung angehörend,[2] ging Lukian anfangs in die Lehre bei seinem Onkel mütterlicherseits, einem erfolgreichen Bildhauer.[3] Dies gab er aber kurze Zeit später auf, um sich in Ionien in griechischer Literatur und Rhetorik unterweisen zu lassen.[4] Danach verdiente er sich seinen Lebensunterhalt vermutlich als Gerichtsredner, später dann wohl als freier Schriftsteller. Er bereiste in seinem Leben mehrmals die Mittelmeerwelt (Athen, wo er längere Zeit lebte,[5]Olympia,[6]Rom und Gallien,[7] wo er einer Lehrtätigkeit nachging). Seine Muttersprache war Griechisch, doch beherrschte er auch etwas Latein. Im höheren Alter nahm er einen Posten beim römischen Statthalter Ägyptens (praefectus Aegypti) in Alexandria an,[8] wo er mutmaßlich auch verstarb, während er nach anderen Berichten in Athen gestorben sein soll. Seine Hauptschaffenszeit und letzten Lebensjahre fielen in die Regierungszeit des römischen Kaisers Marcus Aurelius (161–180); ob er noch unter Commodus (180–192) und Septimius Severus (193–211) lebte, ist umstritten, da eindeutige Hinweise fehlen.
Werke |
Lukian war ein ungemein produktiver Autor. Es werden 80 Werke unter seinem Namen aufgeführt, etwa 70 davon gelten als echt. Sie dienen zugleich als Hauptquelle für sein Leben. Lukian schrieb, wie es in der Zweiten Sophistik üblich war, durchweg attisches Griechisch, wie es im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. gebräuchlich gewesen war, und nicht die Koine seiner Zeit. Anfangs verfasste er Dialoge, die vom Alltagsleben handelten. Darin wurden gesellschaftliche, philosophische und theologische Themen behandelt, bei denen auch Lukians grundsätzliche Religionskritik zum Ausdruck kam (Θεῶν διάλογοι – Göttergespräche; Νεκρικοὶ διάλογοι – Totengespräche). Er geißelte die Verschwendungssucht der Reichen (Τίμων ἢ Μισάνθρωπος – Timon oder Misanthrop; Περὶ τοῦ παρασίτου – Der Parasit), beleuchtete die „schlüpfrigen Gewerbe“ (Ἑταιρικοὶ διάλογοι – Hetärengespräche) und machte sich über die Dummheit lustig (Πρὸς τὸν ἀπαίδευτον καὶ πολλὰ βιβλία ὠνούμενον – Der ungelehrte Büchernarr). Diese Dialoge sind mit leichtem Spott durchsetzt und spiegeln treffend die gesellschaftliche Situation im damaligen römischen Reich wider. In diesen Werken lässt er sein rhetorisches Talent aufblitzen und bleibt im Fahrwasser der Satire.
Im fortgeschrittenen Alter schrieb er dann bissige Berichte und Dialoge im Stile des Menippos, in denen historische Gestalten dieser Zeit angegriffen wurden (Alexander über Alexandros von Abonuteichos; Peregrinos über einen selbsternannten Propheten und seine Anhänger). Er demaskierte den Philosophiebetrieb (Βίων πρᾶσις – Verkauf von Leben), der schon lange nicht mehr das war, was er schien (Φιλοψευδής – Der Lügenfreund).
Daneben schrieb Lukian Werke, die sich mit grundlegenden Fragen auseinandersetzen und bei denen oft schwer auszumachen ist, wie viel Satire in ihnen steckt (besonders bedeutend für das Verständnis der antiken Historiographie ist Πῶς δεῖ ἱστορίαν συγγράφειν – Wie man Geschichte schreiben soll), schuf frühe Vorläufer des Science-Fiction-Romans (Ἰκαρομένιππος – Die Luftreise; Ἀληθεῖς Ἱστορίαι – Wahre Geschichten), gab Beschreibungen von Gemälden, Statuen, Bauwerken (z. B. dem Pharos von Alexandria,[9] den er aus eigener Anschauung kannte) und Menschen und erwehrte sich des Zornes der von ihm Angegriffenen.
Rezeption |
Lukian ist einer der antiken Schriftsteller, welche die europäische Kultur maßgeblich beeinflusst haben. Ein großer Verehrer war zunächst Erasmus von Rotterdam, der gemeinsam mit Thomas Morus im Jahre 1506 eine neue Werksammlung (Luciani opuscula) herausgab und „viel Lukian“ in seiner Satire Das Lob der Torheit adaptierte. Später haben sich Wieland, der mustergültig das gesamte Werk Lukians ins Deutsche übertragen hat, Goethe und Schiller[10] von ihm inspirieren lassen. Nach Lukians Beschreibungen entstanden Gemälde, Bauwerke, Theaterstücke und wurde Musik komponiert.
Auf der Grundlage von Lukians „Ikaromenippus oder Die Luftreise“ schuf der österreichische Komponist Hartmut Schmidt 1980 die Oper „Menippus“ (Text von Werner Thuswaldner). Die Oper in 6 Szenen wurde 1990 am Salzburger Landestheater uraufgeführt.[11]
Der Mondkrater Lucian ist nach ihm benannt.
Ausgaben |
Luciani Opera. Herausgegeben von Matthew Donald MacLeod. 4 Bde. Oxford Classical Texts. Clarendon, Oxford 1972–1987
Lukian in eight volumes. Herausgegeben und übersetzt von Austin Morris Harmon, K. Kilburn und Matthew Donald MacLeod. Loeb Classical Library. Heinemann, London 1913–1967
Lukian, Hauptwerke. Herausgegeben und übersetzt von Karl Mras. Griechischer und deutscher Text, Heimeran, München, 2. Auflage 1980, ISBN 3-7765-2198-8.
Übersetzungen |
Lukian. Werke in drei Bänden. Herausgegeben von Jürgen Werner und Herbert Greiner-Mai. Aufbau, Berlin 1974 (modernisierte Fassung der Wielandschen Übersetzung), 2. Auflage 1981
Lukian. Sämtliche Werke. Nach der Übersetzung von C. M. Wieland bearbeitet und ergänzt von Hanns Floerke. 5 Bände. Georg Müller Verlag, München & Leipzig 1911
Lukians von Samosata Sämtliche Werke. Aus dem Griechischen übersetzt und mit Anmerkungen und Erläuterungen versehen von Christoph Martin Wieland. 6 Bde. Weidmannsche Buchhandlung, Leipzig 1788–1789
Lukian: Hermotimos oder Lohnt es sich, Philosophie zu studieren?, hrsg. Peter von Möllendorff, Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 2000. ISBN 3-534-14976-9 (griechisch und deutsch)- Lukian: Rhetorum praeceptor, hrsg. Serena Zweimüller, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2008. ISBN 978-3-525-25284-0 (griechisch und deutsch, mit Einleitung und ausführlichem Kommentar)
- Lukian: Vom beinahe vollkommenen Menschen. Übersetzt von August Pauly. Überarbeitet von Lenelotte Möller. Marix Verlag, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-86539-260-2
- Lukian: Lucian’s Werke, übersetzt von August Friedrich Pauly, 15 Bändchen. Metzler, Stuttgart 1827–1832.
- Lukian: Wie man Geschichte schreiben soll. Übersetzt von Helene Homeyer. Wilhelm Fink, München 1965.
- Lukian: Zum Mond und darüber hinaus, (Ikaromenippus). Übersetzt von Christoph Martin Wieland. Artemis Verlags-AG, Zürich 1967.
- Lukian: Gespräche der Götter und Meergötter, der Toten und der Hetären. Übersetzt und herausgegeben von Otto Seel, Reclam, Stuttgart 1967, ISBN 3-15-001133-7
- Lukian: Lügengeschichten und Dialoge. Aus dem Griechischen übersetzt und mit Anmerkungen und Erläuterungen versehen von Christoph Martin Wieland, Greno, Nördlingen 1985, ISBN 978-3-921568-15-6, Reihe: Die Andere Bibliothek, Band 1
Literatur |
Übersichtsdarstellungen
Hans Gärtner: Lukianos 1. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 3, Metzler, Stuttgart 1997, ISBN 3-476-01473-8, Sp. 772–777.- Pedro Pablo Fuentes González: Lucien de Samosate. In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques. Band 4, CNRS Éditions, Paris 2005, ISBN 2-271-06386-8, S. 131–160 (online).
- Heinz-Günther Nesselrath: Lukianos von Samosata. In: Der Kleine Pauly (KlP). Band 7, Stuttgart 1964–1975, Sp. 493–501.
- Heinz-Günther Nesselrath: Lukian von Samosata. In: Reallexikon für Antike und Christentum. Band 23, Hiersemann, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-7772-1013-1, Sp. 676–702.
- Wilhelm Pratscher: Lukian von Samosata. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 5, Bautz, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-043-3, Sp. 295–297.
Manuel Baumbach, Peter von Möllendorff: Ein literarischer Prometheus. Lukian aus Samosata und die Zweite Sophistik. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2017, ISBN 978-3-8253-6460-1.
Untersuchungen
- Christopher P. Jones: Culture and Society in Lucian. Harvard University Press, Cambridge MA u. a. 1986, ISBN 0-674-17974-9.
- Peter von Möllendorff: Auf der Suche nach der verlogenen Wahrheit. Lukians „Wahre Geschichten“. Narr, Tübingen 2000, ISBN 3-8233-4880-9.
- Robert Porod: Lukians Schrift „Wie man Geschichte schreiben soll“. Kommentar und Interpretation. Phoibos, Wien 2013, ISBN 978-3-85161-090-1.
Rezeption
- Heinz-Günther Nesselrath: Lukian (Lukianos von Samosata). In: Christine Walde (Hrsg.): Die Rezeption der antiken Literatur. Kulturhistorisches Werklexikon (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 7). Metzler, Stuttgart/Weimar 2010, ISBN 978-3-476-02034-5, Sp. 465–474.
- Manuel Baumbach: Lukian in Deutschland. Eine forschungs- und rezeptionsgeschichtliche Analyse vom Humanismus bis zur Gegenwart. Fink, München 2002, ISBN 3-7705-3597-9.
Weblinks |
Commons: Lucian of Samosata – Sammlung von Bildern
Wikisource: Lukian von Samosata – Quellen und Volltexte (deutsch)
Wikiquote: Lukian von Samosata – Zitate
Literatur von und über Lukian von Samosata im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Werke von und über Lukian von Samosata in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Werke von Lukian von Samosata. Bei Zeno.org.
Werke von Lukian von Samosata im Projekt Gutenberg-DE
Werke (englisch)- Lucian of Samosata Project (englisch)
Anmerkungen |
↑ Lukian, De Syria Dea 1: Ἀσσύριος ἐών.
↑ Assyria and Syria: Synonyms, Richard N. Frye, Harvard University
↑ Lukian, Somnium 2.
↑ Lukian, Bis accusatus 27.
↑ Lukian, Demonax 1.
↑ Lukian, De morte Peregrini 35.
↑ Lukian, Apologia 15.
↑ Lukian, Apologia 12.
↑ Lukian, Quomodo historia conscribenda sit 62.
↑ „Wenn Du Dir aus dem Meßkatalog einiges aussuchst, so vergiß Wielands Lukian nicht, … habe ihm schon manche angenehme Stunde zu danken“ (Brief an den Oberkonsistorialrat Körner in Dresden 1788, zitiert nach Lukian. Werke in drei Bänden. Herausgegeben von Jürgen Werner und Herbert Greiner-Mai. Aufbau, Berlin 1981, S. V)
↑ Menippus - Eintrag auf music austria
Personendaten | |
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NAME | Lukian von Samosata |
ALTERNATIVNAMEN | Lucianus Samosatensis; Loukianos; Lukianos |
KURZBESCHREIBUNG | syrischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | um 120 |
GEBURTSORT | Samosata (heute: Samsat) |
STERBEDATUM | nach 180 |
STERBEORT | Alexandria |