Personalunion




Unter Personalunion versteht man die Ausübung verschiedener nicht miteinander verbundener Ämter oder Funktionen durch dieselbe Person, nicht jedoch das von dieser Person etwaig beherrschte Gesamtgebiet. Eine Personalunion entsteht aus in der Person liegenden Gründen (etwa weil sie in getrennten Wahlen für beide Ämter gewählt wurde oder durch Erbfall).


Von der Personalunion abzugrenzen sind die Realunion und der Doppelhut, bei denen die Ämter und Funktionen selbst miteinander zwingend verbunden sind, mithin der Amtsträger notwendig derselbe ist.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Verbindung von Staaten


  • 2 Beispiele für Personalunionen


  • 3 Vereinigung von Funktionen


  • 4 Wirtschaft


  • 5 Literatur


  • 6 Weblinks


  • 7 Einzelnachweise





Verbindung von Staaten |


In der allgemeinen Staatslehre wird als Personalunion die Verbindung von selbstständigen Staaten durch ein gemeinsames Staatsoberhaupt bezeichnet.[1][2] Die Regierung mehrerer Länder in Personalunion spielte vor allem in der Feudalzeit eine große Rolle. Bis weit ins 18. und 19. Jahrhundert hinein gab es in der Regel keinen einheitlichen Staat, sondern ein Monarch regierte über Ländereien und damit auch eine Mehr- oder Vielzahl von Staaten mit jeweils eigener Verfassung, Regierungssystemen und ständischen Partizipationsrechten. Eine Personalunion entstand, indem nach den Thronfolgeregelungen verschiedener Monarchien der Thron an dieselbe Person fiel oder im Falle von Wahlmonarchien das jeweilige Wahlgremium den Monarchen eines anderen Staates zum Oberhaupt kürte. Sie endete, wenn die Thronfolge wieder auf zwei verschiedene Personen fiel.[1]


Die moderne Staatsbildung seit dem 18. Jahrhundert setzte auf Vereinheitlichung dieser Vielfalt. Doch auch dann gab es verschiedentlich weiterhin Personalunionen. Die davon betroffenen modernen Staaten hatten zwar denselben Herrscher, wurden aber ebenfalls nach verschiedenen Gesetzen geführt und blieben rechtlich getrennt. Der moderne Trend zur Staatsvereinheitlichung verband sich jedoch seit dem 19. Jahrhundert mit dem des Nationalismus und im Zuge der damals vorherrschenden Nationalstaatsbildung zerfielen entweder die noch bestehenden Personalunionen oder sie wurden zu einer Realunion verfestigt. Bei letzterer besteht die Verbindung nicht nur in der Person des Staatsoberhaupts, sondern darüber hinaus in weiteren gemeinsamen Institutionen (Staatsorgane und Verwaltungseinrichtungen). Die Verbindung ist also intensiver und stärker verrechtlicht, allerdings ohne dass es ein den verbundenen Staaten übergeordnetes Rechtssubjekt (wie beim Bundesstaat) gäbe.[3]


Der Souveränitätsvorstellung moderner Nationalstaaten und demokratischen Prinzipien ist das Konzept der Personalunion fremd, weshalb sie – wenngleich theoretisch denkbar – in der Praxis von Republiken nie vorkommt.[2]



Beispiele für Personalunionen |



  • Personalunion zwischen dem Heiligen Römischen Reich und dem Königreich Sizilien von 1194 bis 1197 sowie 1212 bis 1254.

  • Personalunion zwischen Spanien und dem Heiligen Römischen Reich unter Karl V., 1519–1556.[1][4]

  • Personalunion zwischen den Königreichen Ungarn und Kroatien von 1102 bis 1918 (siehe Kroatien im Staatsverband mit Ungarn).


  • Polnisch-Litauische Personalunion ab 1386 (ab 1569 erstarkt zur Realunion durch Bildung der polnisch-litauischen Adelsrepublik).


  • Kalmarer Union zwischen Dänemark, Norwegen und Schweden (1389–1521).

  • Personalunion zwischen Spanien und Portugal (1580–1640).

  • Personalunion zwischen England und Schottland von 1603 bis 1707 (anschließend erstarkt zur Realunion[1] Königreich Großbritannien durch Act of Union 1707).

  • Ähnliche Personalunion zwischen England (bzw. ab 1707 Großbritannien) und Irland bereits seit dem Mittelalter, zuletzt militärisch erzwungen um 1690 und um 1740 bis zum Act of Union 1800.


  • Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover von Georg I. bis Wilhelm IV. (1714–1837).[1][4] Durch unterschiedliche Nachfolgeregelungen in Hannover und Großbritannien (weibliche Thronfolge oder nicht) wurde die Personalunion 1837 gelöst.

  • Personalunion des Kurfürstentums Brandenburg und des Herzogtums Preußen 1618 zu Brandenburg-Preußen, das Herzogtum blieb allerdings bis 1657/1660 Lehen der polnischen Krone.

  • Personalunion zwischen Sachsen und der Ober- und Niederlausitz von 1635 bis 1813. Beide Markgrafschaften waren den sächsischen Kurfürsten 1635 als erbliches Mannlehen der böhmischen Krone übertragen worden. (Siehe Erbländischer Taler / Münzgeschichte und Traditionsrezess.)


  • Sachsen-Polen unter August dem Starken und August III. 1697–1763[1][4] (da Polen Wahlmonarchie war, bestand mehrfach Personalunion mit anderen Ländern).

  • Die Könige Karl XI. und XII. von Schweden waren zugleich Herzöge von Pfalz-Zweibrücken (1681–1718).

  • Personalunion zwischen Preußen und dem Fürstentum Neuenburg, 1707–1857;[1] zugleich der einzige Kanton der Schweiz, der keine Republik war.

  • Die Könige von Dänemark waren 1773–1864 auch Herzöge von Schleswig und Holstein[1][4] und von 1667 bis 1773 regierende Grafen von Oldenburg.

  • Die russischen Zaren regierten von 1793 bis 1807 die Herrschaft Jever.


  • Friedrich August I. war von 1807 bis 1815 zugleich König von Sachsen und Herzog von Warschau (einem Satellitenstaat Napoleons).

  • Der Zar von Russland war ab 1815 auch König von Kongresspolen, bis dieses 1867 direkt ins Zarenreich integriert wurde.

  • Personalunion zwischen Niederlande und Luxemburg (1815–1890).


Die einzige bis heute bestehende Personalunion zwischen Staaten ist diejenige zwischen den 16 Commonwealth Realms:[4]Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, Antigua und Barbuda, Australien, Bahamas, Barbados, Belize, Grenada, Jamaika, Kanada, Neuseeland, Papua-Neuguinea, Salomonen, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen und Tuvalu.



Vereinigung von Funktionen |



  • Der König bzw. die Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und der 15 weiteren Commonwealth Realms (siehe oben), ist zugleich Oberhaupt des Commonwealth of Nations, obwohl die meisten der 53 Mitgliedstaaten ein eigenes Staatsoberhaupt haben, viele sogar Republiken sind.

  • Der Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes (1867–71) und der Reichskanzler des Deutschen Kaiserreichs (1871–1918) bekleidete (bis auf kurze Ausnahmen 1873 und 1892–94) auch das Amt des preußischen Ministerpräsidenten.

  • Ein Minister ("Superminister") steht mehreren Ministerien vor: Der Regierende Bürgermeister von Berlin ist seit 1996 gleichzeitig Kultursenator; in den 1970er Jahren wurden die (getrennten) bundesdeutschen Ministerien für Fernmeldewesen und Verkehr mehrfach durch einen gemeinsamen Minister geleitet.

  • Seit den 1960er Jahren liegt der Vorsitz der Rundfunkkommission der Länder bei dem Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz.

  • Nach römisch-katholischem Kirchenrecht können zwei selbstständige Diözesen von einem einzigen Bischof geleitet werden, vereinigt nur in persona episcopi.



Wirtschaft |


  • Bei Klein- und Mittelbetrieben, welche die Aktiengesellschaft als Rechtsform gewählt haben, besteht häufig eine Personalunion zwischen Aktionärkreis, Verwaltungsrat und Management. Interessenkonflikte bleiben demzufolge aus.


Literatur |



  • Rex Rexheuser (Hrsg.): Die Personalunionen von Sachsen-Polen 1697–1763 und Hannover-England 1714–1837. Ein Vergleich (= Deutsches Historisches Institut Warschau. Quellen und Studien; 18). Harrassowitz, Wiesbaden 2005, ISBN 3-447-05168-X. (Rezension)


  • Torsten Riotte: Transfer durch Personalunion: Großbritannien-Hannover 1714–1837. In: Europäische Geschichte Online, hrsg. vom Leibniz-Institut für Europäische Geschichte, 2012.



Weblinks |



 Wiktionary: Personalunion – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


Einzelnachweise |




  1. abcdefgh Karl-Michael Reineck: Allgemeine Staatslehre und Deutsches Staatsrecht. 15. Auflage, 2007, Rn. 62 (S. 58)


  2. ab Burkhard Schöbener, Matthias Knauff: Allgemeine Staatslehre. 2. Auflage, C.H. Beck, München 2013, § 6, Rn. 45 (S. 269)


  3. Burkhard Schöbener, Matthias Knauff: Allgemeine Staatslehre. 2. Auflage, C.H. Beck, München 2013, § 6, Rn. 47 (S. 270)


  4. abcde Burkhard Schöbener, Matthias Knauff: Allgemeine Staatslehre. 2. Auflage, C.H. Beck, München 2013, § 6, Rn. 46 (S. 269)









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