GLONASS






GLONASS-Satellit 1. Generation




… 2. Generation


GLONASS (russisch ГЛОНАСС, als Akronym für Глоба́льная навигацио́нная спу́тниковая систе́ма (Globalnaja nawigazionnaja sputnikowaja sistema) oder englisch Global Navigation Satellite System; deutsch „Globales Satellitennavigationssystem“) ist ein globales Navigationssatellitensystem, das vom Verteidigungsministerium der Russischen Föderation betrieben und finanziert wird.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Geschichte


  • 2 Technik


  • 3 Systemarchitektur


    • 3.1 Satellitenkonstellation (Raumsegment)


    • 3.2 Bodenstationen


    • 3.3 Benutzersegment (User Segment)




  • 4 Erweiterungen


  • 5 Siehe auch


  • 6 Literatur


  • 7 Weblinks


  • 8 Einzelnachweise





Geschichte |


GLONASS ähnelt in Aufbau und Funktionsweise dem US-amerikanischen NAVSTAR-GPS. Die Satelliten der GLONASS-Konstellation tragen den Namen Uragan (Hurrikan). Technisch basiert GLONASS auf ähnlichen Prinzipien wie GPS. Die parallele, unabhängige Entwicklung der beiden gleichwertigen Systeme während des Kalten Krieges erfolgte aus militärstrategischen Gründen.


Die Entwicklung des Systems begann 1972. Die ersten drei Satelliten starteten am 12. Oktober 1982, das System ist am 24. September 1993 offiziell als betriebsbereit erklärt worden. Der Vollausbau, bestehend aus 21 Standard- und drei Reservesatelliten, wurde 1996 erreicht. In den Folgejahren ging die Anzahl funktionstüchtiger Satelliten aber dramatisch zurück, so dass GLONASS als eigenständiges Navigationssystem nicht nutzbar war.


Am 12. September 2008 ordnete der Ministerpräsident von Russland, Wladimir Putin, die Wiedervervollständigung von GLONASS für 67 Milliarden Rubel (1,8 Milliarden Euro) bis ins Jahr 2012 an.[1] Trotz des Fehlstarts einer Trägerrakete am 5. Dezember 2010, bei dem drei Satelliten verloren gingen,[2] stand ab 2011 wieder ein vollständiges GLONASS-System zur Verfügung. Am 2. Juli 2013 kam es erneut zu einem Absturz einer Proton-M-Rakete, bei dem wiederum drei GLONASS-Satelliten zerstört wurden.[3]


Im Juli 2010 kündigte Wladimir Jewtuschenkow, Chef der für GLONASS zuständigen Unternehmensgruppe Sistema, an, dass Russland ein Importverbot für Mobiltelefone plant, die nicht mit dem System ausgestattet sind.[4]



Technik |




Glonass-K (CeBIT 2011)


Die Satelliten umlaufen die Erde auf einem Medium Earth Orbit in drei Bahnebenen mit 64,8° Neigung gegen den Äquator (GPS 55°). Dadurch erreichen die Satelliten für Nutzer in hohen geographischen Breiten, insbesondere in den Polarregionen, eine größere Höhe über dem Horizont, so dass die Verfügbarkeit des Systems verbessert wird. Die große Halbachse der Umlaufbahn beträgt 25.500 km, die Bahnhöhe 19.100 km (GPS 20.200 km). Die Umlaufzeit liegt bei 11:15 Stunden (GPS 11:58).


Im Gegensatz zum GPS senden bei GLONASS alle Satelliten mit gleichem Code (Pseudozufallsrauschen, PRN für englisch pseudo-random noise), aber auf unterschiedlichen Frequenzen (FDMA) im Dezimeterwellen-Bereich. Antipodale Satelliten senden mit derselben Kanalnummer und damit identischen Frequenzen. Jeder von GLONASS verwendete Satellit sendet Signale auf zwei Frequenzen:



  • L1 = 1602 MHz + k · 562,5 kHz

  • L2 = 1246 MHz + k · 437,5 kHz, wobei k die Kanalnummer bezeichnet


Beim GPS nutzen alle Satelliten die gleichen Frequenzen und werden mittels Codemultiplexverfahren (CDMA) und darin eingesetzten Gold-Folgen unterschieden. In GLONASS wird CDMA ab der GLONASS‑K‑Satellitengeneration eingesetzt und basiert auf Kasami-Folgen.[5]


Die Zeitstabilität der Satelliten beträgt:



  • 1. Generation: 5 · 10−13 Sekunden pro Tag

  • GLONASS-M: 1 · 10−13 s pro Tag

  • GLONASS-K: 5 · 10−14 s pro Tag

  • GLONASS-K2 (voraussichtlich ab 2019[6]): 1 · 10−14 s pro Tag.[7]


Wie GPS benötigt GLONASS zum Regelbetrieb knapp 24 Satelliten, damit gewährleistet werden kann, dass immer zumindest vier davon an einem Ort sichtbar sind. Bis 2011 reichte die Anzahl der funktionsfähigen Satelliten dafür nicht immer aus, so dass nicht immer an jedem Ort der Erdoberfläche genügend Satelliten für die Ortsbestimmung verfügbar waren. Bei bekanntem Standort ist dann lediglich eine Zeitbestimmung möglich. Wenn drei Satelliten sichtbar sind, können aus den Signalen drei Parameter abgeleitet werden, z. B. bei bekannter Höhe (Schiff auf dem Meer) der Ort (geographische Breite und Länge) und die Zeit. An die Zeit werden relativ hohe Anforderungen an die Genauigkeit gestellt, da ein Zeitfehler von einer Mikrosekunde bereits zu einem Ortsfehler in der Größenordnung von 300 Metern führt. Mobile Empfänger benötigen daher für eine vollständige Ortsbestimmung (geographische Breite, geographische Länge, Höhe über dem Meeresspiegel) als vierten Parameter die genaue Uhrzeit, für deren Bestimmung Signale eines vierten Satelliten erforderlich sind.



Systemarchitektur |



Satellitenkonstellation (Raumsegment) |


Der erste Uragan-Testsatellit Kosmos 1413 wurde im Oktober 1982 zusammen mit zwei Uragan-Attrappen in seine Umlaufbahn gebracht. Ursprünglich sollte das System 21 Satelliten für den Normalbetrieb sowie drei Reservesatelliten umfassen. Die neue Planung sieht 30 Satelliten vor, die sich auf drei Orbits mit jeweils acht Satelliten und zwei Reservesatelliten verteilen.


Nach dem Zerfall der Sowjetunion konnten bis ins Jahr 1995 noch weitere Satelliten gestartet werden, die wohl schon zu Sowjetzeiten fertiggestellt worden waren, so dass man 1995 ein System von 25 funktionierenden Satelliten hatte. Im Jahr 1998 war die Anzahl jedoch schon auf 13 gesunken und verringerte sich bis 2001 auf nur sieben Satelliten. Ab 2002 begann die Anzahl der funktionsfähigen Satelliten wieder anzusteigen. Das Problem dabei war die hohe Ausfallrate aufgrund der sehr kurzen Lebensdauer der einzelnen Uragan-Satelliten von nur drei Jahren.


Seit 2001 werden auch verbesserte Uragan-M-Satelliten mit einer Lebensdauer von sieben Jahren eingesetzt. Die neue Generation mit geringerer Startmasse und einer Lebensdauer von zehn Jahren trägt die Bezeichnung Uragan-K; der erste Start fand am 26. Februar 2011 statt.[8] Uragan und Uragan-M (beide 1415 kg) werden häufig in einem Tripel mit schweren Proton-Raketen gestartet, mitunter aber auch wie die leichteren Uragan-K mit einer deutlich günstigeren Sojus-2/Fregat.


Ende 2005 wurden drei weitere GLONASS-Satelliten (zwei Uragan-M und ein Uragan) mit einer Proton-Rakete gestartet, Ende 2006 folgte ein weiterer Proton-Start mit drei Uragan-M-Satelliten; im Oktober 2007, Dezember 2007, September 2008, Dezember 2008, Dezember 2009, März 2010 und September 2010 wurden jeweils drei Satelliten gestartet. Drei Satelliten gingen bei einem Fehlstart im Dezember 2010 verloren,[9] drei weitere Anfang Juli 2013.[3]










































































































































































































































































































































GLONASS-Satellitenkonstellation (Stand: 24. April 2016[10][11][12][13][14])
Slot
Kanal
GLONASS-Nr.

Kosmos-Nr.
Startdatum
Inbetriebnahme
Status

Internat. Bezeichnung
(NSSDC-ID)

Katalog-Nr.
(AFSC)
Uragan-Typ
1/01
01
730
2456
14.12.2009
30.01.2010
in Nutzung
2009-070A
36111
M
1/02
−04
747
2485
26.04.2013
04.07.2013
in Nutzung
2013-019A
33155
M
1/03
05
744
2476
04.11.2011
08.12.2011
in Nutzung
2011-064B
37868
M
1/04
06
742
2474
02.10.2011
25.10.2011
in Nutzung
2008-055A
37829
M
1/05
01
734
2458
14.12.2009
10.01.2010
in Nutzung
2009-070C
36113
M
1/06
-04
733
2457
14.12.2009
24.11.2010
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2011-070B
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M
1/07
05
745
2477
04.11.2011
18.12.2011
in Nutzung
2011-064C
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M
1/08
06
743
2475
04.11.2011
20.09.2012
in Nutzung
2011-064A
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M
2/09
−02
736
2464
02.09.2010
04.10.2010
in Nutzung
2010-041C
37139
M
2/10
−07
717
2424
25.12.2006
03.04.2007
in Nutzung
2006-062C
29672
M
2/11
00
723
2436
25.12.2007
22.01.2008
in Nutzung
2007-065C
32395
M
2/12
−01
737
2465
02.09.2010
12.10.2010
in Nutzung
2010-041B
37138
M
2/13
−02
721
2434
25.12.2007
08.02.2008
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2007-065A
32393
M
2/14
−07
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2425
25.12.2006
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2006-062A
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M
2/15
00
716
2426
25.12.2006
12.10.2007
in Nutzung
2006-062B
29671
M
2/16
−01
738
2466
02.09.2010
11.10.2010
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2010-041A
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M
3/17
04
746
2478
28.11.2011
23.12.2011
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M
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26.10.2007
25.11.2007
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M
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719
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26.10.2007
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M
3/22
−03
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2459
01.03.2010
28.03.2010
in Nutzung
2010-007A
36400
M
3/23
03
732
2460
01.03.2010
28.03.2010
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2010-007C
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M
3/24
02
735
2461
01.03.2010
28.03.2010
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2010-007B
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M
3/18 
−03 
754
2491
23.03.2014
14.04.2014
in Nutzung
2014-012A
39620
M
3/21
04
755
2500
14.06.2014
03.08.2014
in Nutzung
2014-032A
40001
M
3/20
07
702
2501
30.11.2014
15.02.2016
in Nutzung
2014-075A
40315
K1
3/17
04
751
2514
07.02.2016
28.02.2016
in Nutzung
2016-008A
41330
M

Das Startdatum bezieht sich auf die Koordinierte Weltzeit (UTC), die Inbetriebnahme auf die Moskauer Zeitzone.



Bodenstationen |


Bodenstationen, das sogenannte Control Segment, befinden sich bei Moskau (Krasnosnamensk und Schtscholkowo), in Komsomolsk am Amur, bei Sankt Petersburg, in Jenisseisk (alle auf dem Gebiet der Russischen Föderation) und in Ternopil (Ukraine).



Benutzersegment (User Segment) |


2008 gab es die ersten zivilen kommerziell genutzten Geräte, die GLONASS unterstützen.[15][16] Das System steht damit in direkter Konkurrenz zum US-amerikanischen GPS, dem europäischen Galileo-System und dem chinesischen Beidou.


Entsprechend konstruierte Navigationsgeräte können Daten sowohl von den GLONASS- als auch GPS-Satelliten empfangen und durch Auswertung beider Signale eine bessere Abdeckung erzielen. Auch beim Ausfall eines Systems oder als Schutz gegen Manipulation (siehe GPS-Jammer) hat diese Anwendung Vorteile.


Im Jahr 2009 wurde der erste russische vollständig auf einem Chip integrierte Empfänger für GLONASS (inkl. GPS/Galileo/Compass) vorgestellt.[17] Im April 2011 brachte ZTE das erste Smartphone auf den Markt, das neben GPS auch GLONASS verwendet,[18] diesem folgten mehrere Smartphones unterschiedlicher Hersteller.



Erweiterungen |


Um die Genauigkeit zu verbessern, namentlich durch die Korrektur der veränderlichen Einflüsse der Ionosphäre auf die Signallaufzeiten, ist mit SDCM für GLONASS ein Satellite Based Augmentation System im Aufbau.[19][20]


Das Projekt ERA GLONASS (russisch экстренного реагирования при авариях, extrennowo reagirowanija pri awarijach; deutsch Notfallreaktion bei Unfällen) sieht Geräte vor, welche bei Verkehrsunfällen automatisch eine Alarmmeldung absetzen, welche auch den Standort enthält. Das System wird mit dem europäischen eCall kompatibel sein.[21]



Siehe auch |


  • Liste der Navigationssatelliten


Literatur |




  • Bernhard Hofmann-Wellenhof, Herbert Lichtenegger, Elmar Wasle: GNSS Global Navigation Satellite Systems – GPS, GLONASS, Galileo & more. Springer, Wien 2007. ISBN 978-3-211-73012-6

  • A.I. Perow, W.N. Charissow (Hrsg.): GLONASS. Printsipy postroeniia i funktsionirovaniia. Radiotekhnika, Moskau 2010. ISBN 978-5-88070-251-0



Weblinks |



 Commons: GLONASS – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


  • Status der GLONASS-Konstellation

  • aktuelle Abdeckung der Erdoberfläche mit GLONASS-Signalen


  • Russland: Hightech für Putins Hund GLONASS-Ortung für Putins Hund sueddeutsche.de 26. Dezember 2007



Einzelnachweise |




  1. Putin orders additional $2.6 bln on Glonass development [1], RIA Novosti, abgerufen 13. September 2008 (englisch).


  2. Peter-Michael Ziegler: Bericht: Software-Fehler für GLONASS-Satelliten-Verlust verantwortlich. Heise, 6. Dezember 2010, abgerufen am 7. Februar 2016. 


  3. ab Proton-M-Rakete mit drei Glonass-Satelliten nach Start in Baikonur abgestürzt, abgerufen am 2. Juli 2013


  4. Hayo Lücke: Russland will Handyhersteller erpressen, Zugriff am 3. September 2010


  5. Russia to Put 8 CDMA Signals on 4 GLONASS Frequencies [2], insidegnss.com, abgerufen am 21. März 2010 (englisch).


  6. http://www.sworld.com.au/steven/space/russia-man.txt


  7. Reschetnjow stellt GloNaSS-M-Produktion ein


  8. Navigationssatellit vom Typ GloNaSS-K1 gestartet. Raumfahrer.net, 26. Februar 2011, abgerufen am 26. April 2013. 


  9. Rückschlag für GLONASS: Drei Satelliten nach Fehlstart in Pazifik gestürzt. RIA Novosti, 5. Dezember 2010, abgerufen am 6. Dezember 2010. 


  10. Structure and status of GLONASS constellation. Information-Analytical Centre, 9. Juli 2013, abgerufen am 9. Juli 2013 (englisch). 


  11. Federal Space Agency. Abgerufen am 6. Dezember 2015 (russisch). 


  12. NSSDC Master Catalog. NASA, abgerufen am 6. Dezember 2015 (englisch). 


  13. NORAD Two-Line Element Sets Current Data. Abgerufen am 6. Dezember 2015 (englisch). 


  14. Constellation status. In: glonass-iac.ru. Abgerufen am 24. April 2016 (englisch). 


  15. Frank Preiß: GLONASS - Russlands Weltraumauge (PDF; 104 kB). März 2009.


  16. Technik. Leica Geosystems.


  17. Typ NV08C-MCM-M, vgl. Patent US7358896.


  18. ZTE MTS 945 Smartphone mit GLONASS Sattelitensupport - PC Masters. Abgerufen am 11. Oktober 2018. 


  19. Russia launching GLONASS correction relay satellites [3], navigadget.com, abgerufen 8. Januar 2010 (englisch).


  20. Russia Building Out GLONASS Monitoring Network, Augmentation System [4], insidegnss.com, abgerufen am 21. März 2010 (englisch).


  21. ERA GLONASS und eCall werden gemeinsam Menschenleben retten, RIA Novosti, abgerufen 15. Februar 2010 (deutsch).


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