Tibet










Lage von Tibet auf einer Weltkarte





Yangbajain-Tal, etwa 100 Kilometer nordwestlich von Lhasa




Fährverkehr über den Brahmaputra (Yarlung Zangbo)


Tibet ist ein ausgedehntes Hochland in Zentralasien, das oft als Dach der Welt bezeichnet wird.[1] Abgeschieden durch das Himalaya-Gebirge am Südrand hat Tibet eine eigenständige Kultur und schon vor dem 7. Jahrhundert auch eigenständige Staaten (Shangshung, Tubo) herausgebildet, die sich über Teile des Hochlands erstreckten. Mitte des 13. Jahrhunderts geriet Tibet durch die mongolische Herrschaft in den Einzugsbereich des chinesischen Vielvölkerstaates.


Tibet besaß bis ins 20. Jahrhundert hinein ein eigenes Staatswesen. Die gegenwärtige Zugehörigkeit Tibets zur Volksrepublik China ist völkerrechtlich umstritten (siehe dazu: Tibets Status). Seit 1959 besteht eine Tibetische Exilregierung, die international nicht anerkannt ist, aber von vielen Ländern unterstützt wird.


Die chinesische Verwaltungsgliederung des größten Teils des historischen Großraums Tibet umfasst heute das Autonome Gebiet Tibet (AGT) mit der Hauptstadt Lhasa sowie zehn Autonome Bezirke und zwei Autonome Kreise in den Provinzen Qinghai, Sichuan, Yunnan und Gansu. Teile des historischen Tibets bzw. des Siedlungsgebietes des Volkes der Tibeter außerhalb Chinas liegen in Pakistan, Indien, Nepal, Bhutan und Myanmar.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Sprachgebrauch


  • 2 Geographie


    • 2.1 Tibetischer Kulturraum


    • 2.2 Autonomes Gebiet Tibet


    • 2.3 Klima


    • 2.4 Tibet während der Eiszeit




  • 3 Bevölkerung


  • 4 Geschichte


    • 4.1 Königreich Tibet


    • 4.2 Mongolische Herrschaft


    • 4.3 Einflussbereich der Mandschu


    • 4.4 Britische Okkupation


    • 4.5 Eigenstaatlichkeit 1913


    • 4.6 Eingliederung in die Volksrepublik China


    • 4.7 Heutige Situation


    • 4.8 Münzrechte im Zeitverlauf




  • 5 Tibets Status


    • 5.1 Historische Anmerkungen zu Tibets Status


    • 5.2 Die Sichtweise der tibetischen Exilregierung


    • 5.3 Die Sichtweise der chinesischen Regierung


    • 5.4 Sichtweise anderer Länder


      • 5.4.1 Deutschland


      • 5.4.2 Europäische Union


      • 5.4.3 USA


      • 5.4.4 Indien


      • 5.4.5 Republik China (Taiwan)






  • 6 Kultur


    • 6.1 Buddhismus


    • 6.2 Literatur


    • 6.3 Musik


    • 6.4 Kunst


    • 6.5 Museen


    • 6.6 Küche


    • 6.7 Medizin




  • 7 Wirtschaft


    • 7.1 Landwirtschaft und Viehzucht


    • 7.2 Tourismus


    • 7.3 Bergbau


    • 7.4 Weitere Industriezweige


    • 7.5 Arbeitsplätze


    • 7.6 Wirtschaftswachstum


    • 7.7 Verkehr


    • 7.8 Ökologie




  • 8 Weblinks


  • 9 Literatur


  • 10 Einzelnachweise





Sprachgebrauch |


Im Sprachgebrauch der Volksrepublik China steht das chinesische Xīzàng 西藏, (tibetisch bod ljongs བོད་ལྗོངས།) für die Autonome Region Tibet. Der Begriff bod chen (= „Groß-Tibet“) in der tibetischen Sprache orientiert sich an der Ausdehnung des tibetischen Großreichs im 8. und 9. Jahrhundert. bod bzw. bod yul hingegen schließt die auf Tibetisch osttibetischen Regionen Amdo und Kham genannten Gebiete außerhalb der Autonomen Region Tibet üblicherweise nicht mit ein.



Geographie |


Das Hochland von Tibet, das in seinem äußersten Süden einen großen Teil des Himalaya-Gebirges umfasst und sich auf einer durchschnittlichen Höhe von 4500 Metern erstreckt, gilt als die höchstgelegene Region der Welt.


Das Hochplateau Tibets ist wüstenhaft, der trockenste Teil ist der westliche Bereich der als Changthang (tibetisch für „nördliche Ebene(n)“) bezeichneten alpinen Steppen. Der Grund für die Trockenheit liegt vor allem darin, dass der Himalaya das Hochland nach Süden hin von den indischen Monsunregen abschirmt und im Inneren kontinentales Klima vorherrscht.


Umschlossen wird Tibet von den Gebirgen des Himalaya im Süden und Westen, den osttibetisch-chinesischen Randketten im Osten (Min Shan, Minya Konka, Hengduan Shan), dem Karakorum im Nordwesten und dem Kunlun Shan im Norden, aber auch im Inneren wird es von zahlreichen Gebirgsriegeln durchzogen. Tibet grenzt von Westen nach Osten an die indischen Bundesstaaten Jammu und Kashmir, Himachal Pradesh, Uttarakhand, Sikkim und Assam (nach chinesischer Auffassung) bzw. Arunachal Pradesh (nach indischer Auffassung und aktuellen politischen Grenzen), sowie an die Länder Nepal, Bhutan und Myanmar (Birma), mit einer Gesamtlänge der Grenze zu diesen drei Ländern von knapp 4000 km.



Tibetischer Kulturraum |




Lage der osttibetischen Regionen Amdo und Kham


Das „geographische“ Tibet (d. h. das Hochland von Tibet inklusive der Randgebirge in China und den Nachbarländern) erstreckt sich über eine Fläche von 2,5 Millionen km² und wird traditionell in folgende Kulturregionen unterteilt:




  • Amdo (Nordosten), zu dem in heutiger Zeit zumeist auch das ursprünglich nicht zu Amdo gezählte Qaidambecken gerechnet wird


  • Kham (Südosten)


  • Gyarong (äußerster Osten)


  • Changthang (Hochlandsteppen im Zentrum, Norden und Nordwesten)


  • Ü-Tsang, das ganz „Zentraltibet“ (also die eigentlich im Süden Tibets gelegenen Provinzen Ü und Tsang) umfasst, im weiteren Sinne (d. h. dem der ehemals von Lhasa aus kontrollierten Gebiete) noch die in Südosttibet anschließenden Gebiete des heutigen Regierungsbezirkes Lhokha (chin. Shannan) sowie den im Regierungsbezirk Nyingchi gelegenen Kongpo und einige Regionen im Südwesten von Kham (insbesondere das erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Lhasa-Truppen eroberte Poyül).

  • Ngari (Westtibet)


Westtibet ist jedoch Teil eines grenzüberschreitenden Kulturraums, der folgende Räume umfasst:




  • Ngari (Tibet, VR China)


  • Ladakh und Zangskar (Jammu und Kashmir, Indien)


  • Spiti und Lahul (Himachal Pradesh, Indien)


Auch der zentral- und südtibetische Kulturraum erstreckt sich grenzüberschreitend auf:



  • Teile Nord-Nepals, insbesondere Dolpo, Mustang und Khumbu,

  • den indischen Bundesstaat Sikkim,

  • Teile des Distrikts Darjiling im indischen Bundesstaat Westbengalen, insbesondere Kalimpong,

  • den Staat Bhutan und

  • Teile des indischen Bundesstaates Arunachal Pradesh (insbesondere Tawang), dessen Territorium zum größten Teil von China als Teil Tibets beansprucht wird.


In all diesen tibetischen Kulturregionen finden sich Tibeter bzw. tibetisch sprechende Gruppen, wobei in den Randgebieten häufig auch andere Völkerschaften zu finden sind, die nicht immer mit den Tibetern sprachlich verwandt oder kulturell eng verbunden sind (Muslime in Amdo und Ladakh). Aus diesem Grunde zeichnet sich der tibetische Kulturraum trotz aller Gemeinsamkeiten auch durch eine gewisse kulturelle Vielfalt aus.



Autonomes Gebiet Tibet |





Detaillierte Karte des Tibetischen Kulturraums und der autonomen tibetischen Verwaltungsgliederungen der VR China


Das Autonome Gebiet Tibet ist eine Verwaltungseinheit der Volksrepublik China. Es umfasst ein Gebiet von 1,2 Millionen km² – die ehemaligen zentraltibetischen Provinzen Ü und Tsang, Ngari, weite Teile des Changthang sowie den westlichen Teil der Kulturregion Kham.


Das Autonome Gebiet Tibet entspricht dem „politischen Tibet“, das heißt dem vor 1951 bzw. 1959 von der Lhasa-Regierung verwalteten Territorium. Die nördlichen und östlichen Teile des tibetischen Kulturraums sind, zum größten Teil als Autonome Bezirke, Teile der chinesischen Provinzen Qinghai, Gansu, Sichuan und Yunnan.



Klima |




Der Yardrog Yutsho (Yamdrok-See) liegt 110 Kilometer südwestlich von Lhasa in einer Höhe von 4441 Metern.


In Tibet herrscht Hochlandklima mit großen Tagestemperaturschwankungen und viel Sonnenschein. Auch sind die Temperaturunterschiede zwischen dem Süden Tibets und dem Norden beträchtlich.


Das angenehmste Klima herrscht in den tieferen Lagen des Südostens Tibets. Dort liegen auch die Städte Lhasa, Gyantse und Shigatse. Lhasa hat eine Durchschnittstemperatur von 8 °C, Shigatse von 6,5 °C während nach Norden hin das tibetische Plateau auf über 4500 Meter Höhe ansteigt und in der nördlichen Hälfte Tibets die jährliche Durchschnittstemperatur unter 0 °C (Permafrostgebiet) liegt.


Die meisten Einwohner Tibets leben im Gebiet zwischen Lhasa und Shigatse sowie am Ostrand des tibetischen Hochlands, während der Norden, der Zentralbereich wie auch der Westen Tibets nahezu unbewohnbar sind.





Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Lhasa

























































































Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez


Max. Temperatur (°C)
6,8
9,2
12,0
15,7
19,7
22,5
21,7
20,7
19,6
16,4
11,6
7,7

Ø

15,3
Min. Temperatur (°C)
−10,2
−6,9
−3,2
0,9
5,1
9,2
9,9
9,4
7,6
1,4
−5,0
−9,1

Ø

0,8
Temperatur (°C)
−2,2
1,1
4,6
8,0
12,0
15,6
15,4
14,5
12,8
8,0
2,2
−1,8

Ø

7,5


Niederschlag (mm)
0
1
2
8
25
71
118
131
60
10
2
1

Σ

429































T
e
m
p
e
r
a
t
u
r







6,8

−10,2








9,2

−6,9








12,0

−3,2








15,7

0,9








19,7

5,1








22,5

9,2








21,7

9,9








20,7

9,4








19,6

7,6








16,4

1,4








11,6

−5,0








7,7

−9,1

Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
































N
i
e
d
e
r
s
c
h
l
a
g
0

1

2

8

25

71

118

131

60

10

2

1

 
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez


Quelle: Klima in Lhasa. klimadiagramme.de. Abgerufen am 31. Oktober 2015.



Tibet während der Eiszeit |


Eine Theorie sieht das Hochland von Tibet dabei in einer zentralen Position, da sie von einer nahezu vollständigen Vergletscherung des Hochlandes ausgeht.[2][3] Die deutliche Vergrößerung der Albedo (Weißheit) im Bereich des Tibetplateaus (etwa 30–40° nördlicher Breite) führte aufgrund der strahlungsgünstigen Lage zu einer Abkühlung der Atmosphäre und damit zu einem globalen Temperaturrückgang von etwa 5 °C. Dies begünstigte die Bildung von Flachlandgletschern in skandinavischen und nordamerikanischen Regionen, was zu einem Selbstverstärkungseffekt führte, wodurch Tibets Eisfläche weiter anwuchs und seine Auslassgletscherzungen durch die Randgebirge des Plateaus hindurch bis auf ca. 1000 bis 2000 m über dem Meer hinabflossen (Glazial). Aufgrund des Milanković-Zyklus erhöhte sich die Temperatur und führte zu einem Anstieg der Schneegrenze von knapp 500 m – dies und die glazialisostatische Absenkung des Plateaus leitete nach Matthias Kuhle das Abschmelzen der Flachlandgletscher und der Auslassgletscherzungen des Tibeteises ein und bedingte eine Verringerung der globalen Albedo und damit eine Wiedererwärmung (interglazial).



Bevölkerung |


Nach einer chinesischen Volkszählung im Jahr 2000 ergeben sich für die verschiedenen Provinzen des Hochlands von Tibet folgende Bevölkerungsanteile.[4]
































































































































































































































































































Tibeter und Han-Chinesen in Tibet, aufgeteilt nach Regionen gemäß der Zählung im Jahr 2000

Gesamt

Tibeter

Han
andere

Autonomes Gebiet Tibet (AGT)

AGT gesamt:
2.616.329
2.427.168
92,8 %
158.570
6,1 %
30.591
1,2 %

Lhasa.png
– Lhasa
474.499
387.124
81,6 %
80.584
17,0 %
6.791
1,4 %

Qamdo.png
– Qamdo
586.152
563.831
96,2 %
19.673
3,4 %
2.648
0,5 %

Shannan.png
– Lhokha
318.106
305.709
96,1 %
10968
3,4 %
1.429
0,4 %

Xigaze.png
– Shigatse
634.962
618.270
97,4 %
12.500
2,0 %
4.192
0,7 %

Nagqu.png
– Nagchu
366.710
357.673
97,5 %
7.510
2,0 %
1.527
0,4 %

Ngari.png
– Ngari
77.253
73.111
94,6 %
3.543
4,6 %
599
0,8 %

Map of Nyingchi.png
– Nyingthri
158.647
121.450
76,6 %
23.792
15,0 %
13.405
8,4 %
Provinz Qinghai

Qinghai gesamt:
4.822.963
1.086.592
22,5 %
2.606.050
54,0 %
1.130.321
23,4 %

Xining.png
– Xining
1.849.713
96.091
5,2 %
1.375.013
74,3 %
378.609
20,5 %

Haidong.png
– Haidong
1.391.565
128.025
9,2 %
783.893
56,3 %
479.647
34,5 %

Haibei.png
– Haibei
258.922
62.520
24,1 %
94.841
36,6 %
101.561
39,2 %

Huangnan.png
– Huangnan
214.642
142.360
66,3 %
16.194
7,5 %
56.088
26,1 %

QinghaiHainan.png
– Hainan
375.426
235.663
62,8 %
105.337
28,1 %
34.426
9,2 %

Golog.png
– Golog
137.940
126.395
91,6 %
9.096
6,6 %
2.449
1,8 %

Location of Yushu Prefecture within Qinghai (China).png
– Yushu
262.661
255.167
97,1 %
5.970
2,3 %
1.524
0,6 %

Location of Haixi Prefecture within Qinghai (China).png
– Haixi
332.094
40.371
12,2 %
215.706
65,0 %
76.017
22,9 %
Provinz Sichuan

Aba.png
– Ngawa
847.468
455.238
53,7 %
209.270
24,7 %
182.960
21,6 %

Ganzi.png
– Garzê
897.239
703.168
78,4 %
163.648
18,2 %
30.423
3,4 %

Location of Muli within Sichuan (China).png
– Muli
124.462
60.679
48,8 %
27.199
21,9 %
36.584
29,4 %
Provinz Yunnan

Diqing.png
– Dêqên
353.518
117.099
33,1 %
57.928
16,4 %
178.491
50,5 %
Provinz Gansu

Gannan.png
– Gannan
640.106
329.278
51,4 %
267.260
41,8 %
43.568
6,8 %

Location of Tianzhu within Gansu (China).png
– Tianzhu
221.347
66.125
29,9 %
139.190
62,9 %
16.032
7,2 %
Gesamt für Großtibet
Mit Xining und Haidong
10.523.432
5.245.347
49,8 %
3.629.115
34,5 %
1.648.970
15,7 %
Ohne Xining und Haidong
7.282.154
5.021.231
69,0 %
1.470.209
20,2 %
790.714
10,9 %

Diese Liste enthält alle tibetischen autonomen Gebiete der Volksrepublik China und zusätzlich Xining sowie Haidong. Die beiden letzten wurden berücksichtigt, um die Liste für die Provinz Qinghai zu vervollständigen und auch, weil die tibetische Exilregierung diese beiden Gebiete als Teil von Großtibet beansprucht.


Die Schätzungen der tibetischen Exilregierung ergeben andere Zahlen. Nach ihren Schätzungen leben im Hochland von Tibet heute 6 Millionen Tibeter und ca. 7,5 Millionen Han-Chinesen; in allen Städten Tibets seien heute Han-Chinesen bereits in der Mehrheit,[5] und insgesamt ca. 128.000 Tibeter leben im Exil:[6]




Tibetische Kinder in Sichuan












































Tibeter im Exil

Indien
85.000

Nepal
14.000

Kanada und USA
7.000

Bhutan
1.600

Schweiz
2.500

Republik China (Taiwan)
1.000
restliches Europa
640

Australien und Neuseeland
220

Skandinavien
110

Japan
60

Diese Zahlen schließen jene Tibeter nicht mit ein, die als Selbständige, Angestellte oder auch als Schüler in chinesischen Städten in Chinas Osthälfte leben. Allein in Peking leben rund 2000 Tibeter, wie auch Lanzhou, die Hauptstadt der nordwestchinesischen Provinz Gansu, und Chengdu, die Hauptstadt der chinesischen Provinz Sichuan, einen beträchtlichen tibetischen Bevölkerungsanteil haben. Nichtoffiziellen Schätzungen zufolge liegt die Zahl der Tibeter, die in Chengdu leben, zwischen 10.000 und 100.000. Aufgrund des inzwischen wieder großen Zuspruchs des tibetischen Buddhismus auch unter Han-Chinesen lassen sich auch manche hohe Lamas in ost- und südchinesischen Städten wie Shanghai, Hangzhou oder Shenzhen nieder.



Geschichte |





Das tibetische Reich während seiner größten Ausdehnung zum Ende des 8. Jahrhunderts.




Der Potala-Palast




Das Kloster Sumtseling Gompa




Tibetische Holzhäuser in Zhongdian



Königreich Tibet |



Das Königreich Tibet entstand Anfang des 7. Jahrhunderts. Zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert war Tibet ein starkes, kriegerisches Reich. Nach der Schwächung der Position der tibetischen Könige im 10. Jahrhundert bildete sich in Zentraltibet die prägende Form der tibetischen Gesellschaft aus. Die Besitz- und Herrschaftsverhältnisse waren von feudalem Typ: Ein Teil der Bauern besaßen einen erblichen Anspruch auf ein Stück Land, mussten dafür aber unbezahlte Frondienste (ula) leisten und Steuern zahlen. Die übrigen waren Leibeigene, die an ihren adligen Grundherrn gebunden waren oder an die Klöster, die zu den größten Grundbesitzern gehörten. Diese Form bestand bis Ende der 1950er Jahre.




Mongolische Herrschaft |


Im Jahre 1240 wurde Tibet durch den mongolischen Khan Güyük Khan erobert und in sein Reich eingegliedert. Köden, der jüngere Bruder Güyük Khans, wurde 1247 zum vorübergehenden Gouverneur der eroberten Tibet-Region ernannt. Mitte des 13. bis Mitte des 14. Jahrhunderts wurden Angehörige der Sakya-Schule des tibetischen Buddhismus von den mongolischen Khans als Vizekönige eingesetzt.[7] Das Gebiet Chinas war zur gleichen Zeit von den Mongolen lediglich besetzt, besondere staatliche Rechte wurden den Chinesen nicht eingeräumt, sodass es seit diesem Zeitpunkt kein souveränes China gab.


Im Jahr 1368 kam es durch Han-Chinesen, angeführt von Zhu Yuanzhang zum Sturz der mongolischen Fremdherrscher und zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit und Souveränität Chinas, auf dessen Gebiet sich die bis 1644 herrschende Ming-Dynastie etablierte. Zwar brachen auf tibetischem Gebiet „Nachfolgeunruhen“ aus, aber ein direkter Einfluss der Ming-Herrschaft auf die staatliche Hoheit Tibets, wie ihn die mongolische Yuan-Dynastie anstrebte, ist aus dieser Zeit nicht belegbar. Bekannt ist hingegen eine Maßnahme der Ming-Dynastie, die jedoch nur indirekt mit Tibet zu tun hatte. Sie erließ anfänglich in ihrem Herrschaftsbereich ein Gesetz, das es der eigenen Bevölkerung verbot, die Lehren des Buddhismus aus Tibet zu erlernen.[8]


1578 betrieb der Altan Khan, ein mongolischer Herrscher, Angehöriger der Tümed, die Inthronisation des ersten Dalai Lama. Im Gegenzug erhielt der Mongole auch einen Ehrentitel, sodass der Lama sich nun eines Schutzes vergewissern konnte. Altan Khan war ein mächtiger Feldherr, dessen Truppen 1541–1571 erfolgreich gegen die Ming-Dynastie kämpften. Tibet blieb somit weiterhin in der Einflusssphäre mongolischer Herrscher. Die Han-Chinesen hatten dem nichts entgegenzusetzen. Als Altan Khan 1582 starb, setze sein Sohn Sengge Düüreng die Herrschaft über Tibet noch fort, nach seinem Tod 1586 gab es jedoch keine Nachfolger.


Während der letzten Invasion der Mongolen am Anfang des 17. Jahrhunderts wurde die Regierungsgewalt auf höchste kultisch-religiöse Repräsentanten der jüngsten der vier religiösen Linien, der Gelugpa-Schule, übertragen. Zwei Rivalen der Auseinandersetzungen um die Herrschaft über Tibet während dieser Zeit waren die beiden Mongolen Choghtu Khong Tayiji, ein Angehöriger der Chalcha und Gushri Khan, ein Oiraten-Khoshuude (auch Qoshote). Letzter wurde 1638 König von Tibet und unterstützte den fünften Dalai Lama Ngawang Lobsang Gyatsho, der 1642 zur obersten Autorität des tibetischen Staatswesens ernannt wurde. Des Weiteren wurde eine Regierung (Ganden Phodrang; tib.: dga' ldan pho brang) geschaffen, die von 1642 bis 1959 regierte.[9] Als Könige folgten nach Gushri Khans Tod 1655 bis 1668 Dayan Otschir Khan, 1668 bis 1701 Dalai Khan und 1703 bis 1717, sein Sohn Lhabsang Khan. 1679 wurde Sangye Gyatso von Lhabsang Khan zum tibetischen obersten Regenten, mit dem Titel „Desi des 5. Dalai Lama“, ernannte.


Als Nomaden zogen Mongolenvölker überwiegend in warmen Jahreszeiten in Zentralasien umher und waren somit auch in Tibet nicht ständig präsent. Durch sie erfolgte deshalb neben dem Dalai Lama ebenso eine Ernennung eines einheimischen administrativen Regenten, der den Titel Desi (tib.: sde srid) trug und so de facto in Tibet ständig die vollziehende Staatsgewalt ausübte.


Im ausgehenden 17. Jahrhundert bahnte sich im benachbarten China wiederum eine Fremdherrschaft an. Diesmal jedoch nicht von den Mongolen. In Ostasien erstarkten die Herrscher eines tungusischen Volkes, die von den Jurchen abstammenden Mandschu. Sie brachten bereits 1644 die Ming-Dynastie der Han-Chinesen in Peking zu Fall. Die Herrschaft über ganz China erlangten sie jedoch erst 1662, da die Han noch in Südchina mit einigen Gegenkaisern regieren konnten. Die Mandschu errichteten die Qing-Dynastie (mandschurisch daicing gurun). Für Tibet hatte dies zunächst keine Bedeutung. Die Machtausübung des ersten mandschurischen Regenten Dorgon, des Onkels des noch minderjährigen ersten Mandschu-Kaisers in Peking Shunzhi, richtete sich vornehmlich nach innen zur Festigung der Macht der Mandschu in China. Der Nachfolge-Kaiser Kangxi begann eine Politik nach außen. Dabei besetzte er 1701 die tibetisch-chinesische Grenz- und Handelsstadt Lucheng in Dartsedo (Kangding). Eine Besetzung Tibets erfolgte jedoch nicht und Tibet blieb eine Region im mongolischen Einflussbereich.


Bis Anfang des 18. Jahrhunderts blieb Tibet zwar eine Region im mongolischen Einflussbereich, aber mit einem entwickelten etablierten eigenen Staatswesen.



Einflussbereich der Mandschu |


1717 besetzte Tsewangrabtans Armee Lhasa und tötete Lhabsang Khan. Diese Schwäche der Mongolen nutzte der mandschurische Kaiser Kangxi und marschierte 1720 nach Lhasa. Der Kaiser setzte den 7. Dalai Lama ins Amt und erklärte das Gebiet Tibets zum Protektorat. Zu dieser Zeit war auch eine Garnison kaiserlicher Soldaten der Qing-Dynastie in Lhasa stationiert. Nach dem Tod des Kaisers zogen die Mandschu 1723 jedoch ihre Truppen wieder ab.


1727 richtete der neue Mandschu-Kaiser Yongzheng das Amt eines Amban in Tibet ein, der die Regierung in Lhasa kontrollierte. Damit begann in Tibet zwar eine Zeit eines direkten Einflusses mandschurischer Kaiser auf die tibetische Regierung, doch deren Existenz wurde nicht in Frage gestellt. Die Mandschu-Dynastie erwirkte jedoch das Recht, durch Ambane, die seit 1727 als kaiserliche Gesandte an den Hof des Dalai Lama, den Potala-Palast, entsandt waren, in langsam steigendem Maße an der tibetischen Politik mitzuwirken. Auch auf das Findungsritual eines neuen Dalai Lama nahmen sie Einfluss. Letztlich änderte das aber nichts am Bestehen eines von den wechselnden Herrschern in Peking akzeptierten tibetischen Staates und seiner Machtbefugnisse. Nachdem Mandschu-Kräfte wegen eines innertibetischen Bürgerkriegs kurzzeitig einrückten und nach der Befriedung wieder abrückten, belief sich 1733 die mandschurische Truppenstärke in Tibet auf 500. Phola Tedji regierte zwischen 1728 und 1747 Tibet und erhielt als Herrscher Tibets vom Mandschu-Kaiser Qianlong einen königsartigen Titel verliehen. Er schuf eine eigene tibetische Armee mit 25000 Soldaten. Phola Tedji´s Sohn Gyurme Namgyel löste 1747 seinen Vater nach dessen Tod im Amt ab.


Ab 1751 übernahm mit Zustimmung der Mandschu der Dalai Lama neben dem religiösen Amt auch wieder die politische Herrschaft. So regierte von 1751 bis 1756 der 7. Dalai Lama Kelsang Gyatsho in Lhasa. Mit dieser Erweiterung der Machtbefugnisse eines Dalai Lama endete faktisch des mandschurische Protektorat als Herrschaftsform in Tibet und es begann das Konstrukt einer Suzeränität, das über 160 Jahre lang bestand und Vorteile für beide Staaten bot, aber nichts am tibetischen Herrschaftssystem und seinem Staatswesen änderte. Für die Mandschu-Herrscher hatte die Suzeränität über Tibet einen Vorteil: Es stellte klar, dass China bis zum Gebirgskamm des Himalaja Schutzansprüche hatte. Damit war auch eindeutig, ab wann fremde Mächte mandschurische Schutzgebiet betraten, und auf einen Krieg mit Peking wollte sich keiner der kleineren umgebenden Staaten einlassen. Für die Bevölkerung Tibets garantierte die Suzeränität der Mandschu den Schutz gegen äußere Feinde und damit den äußeren Frieden. Aufgrund dieser Konstellation wurde in den alten Atlanten Tibet bisweilen als Teil Chinas dargestellt.[10]


Einen Einfluss der Mandschu gab es seit der Einrichtung der Suzeränität nur in den östlichen Randlagen Tibets zur chinesischen Tiefebene. Dies sind die Gebiete mit einem größeren Bevölkerungsanteil von Han-Chinesen. Darüber hinaus hatte kaum ein Chinese aus dem Flachland die Motivation, die unerschlossenen oder nur dünn besiedelten Gebiete Tibets mehrere hundert Kilometer zu durchqueren. Jede Reise in Tibet war beschwerlich und ohne ortskundige Begleitung nicht zu schaffen. Es gab in Tibet zudem fast nichts, mit dem die Han-Chinesen Handel hätten treiben können und was eine derart aufwendige Reise gerechtfertigt hätte. Das galt bis ins 20. Jahrhundert.


Im Jahre 1774 nahm der britische Beamte George Bogle der East India Company bei einer Reise durch Bhutan nach Tibet Kontakt zu Regierungsstellen in Tibet auf. Die Gesellschaft wollte die Mittlerrolle Bhutans beim Handel mit Tibet ausschalten. Er traf in Shigatse den Panchen Lama. Von diesem Kontakt erhoffte sich Bogle auch, den chinesischen Einfluss im Handel mit Tibet umgehen zu können; er erzielte bei seinem monatelangen Aufenthalt jedoch keinen wesentlichen Fortschritt.


Im 19. Jahrhundert lebten die Menschen in einem feudalen System unter den Lamas. Die großen Klöster besaßen den Hauptanteil des Landes, monopolisierten das Bildungssystem sowie die meisten wirtschaftlichen Aktivitäten und zogen Abgaben ein. Handel mit dem Ausland gab es nicht, abgesehen von den Ausnahmen Indien, Turkmenistan und China.


Der Dalai Lama wurde als das Oberhaupt angesehen, aber sein Einfluss schwankte mit seinen persönlichen Fähigkeiten. Sein Machtbereich reichte insbesondere zur Zeit des 5. Dalai Lamas bis weit nach Osttibet hinein (insbesondere Kham), umfasste jedoch nie mehr den gesamten tibetisch besiedelten Raum wie zur Zeit der Yarlung-Dynastie. Vor allem Amdo unterstand keiner Lhasa-Regierung eines Dalai Lamas, auch wenn der Gelugpa-Orden dort manches mächtige Klosterzentrum errichten konnte. Durch das Tulku-System der Reinkarnation gab es lange Phasen, in denen der Dalai Lama zu jung war, um sein Amt auszuführen. In dieser Zeit wurde neben einem System von Regenten der Panchen Lama als effektive Führung des Landes angesehen.



Britische Okkupation |



Während der Phase des Great Game wollte Russland einen starken diplomatischen Einfluss auf Tibet gewinnen. Die Versuche von Lord George Curzon, dem britischen Vizekönig von Indien, im Gegenzug mit diplomatischen Mitteln diesen Einfluss einzudämmen, wurden von der tibetischen Regierung ignoriert. Als Antwort auf diese als Affront betrachtete Haltung begann im November 1903 der britische Tibetfeldzug unter der Leitung von Francis Younghusband, um durch etappenweises Vorgehen gegen die schlecht ausgestattete tibetische Armee Verhandlungsdruck aufzubauen.


Erst nach der Besetzung von Lhasa und nach der Flucht des 13. Dalai Lama in die Äußere Mongolei diktierten die Briten den verbleibenden tibetischen Vertretern und dem Amban des Qing-Kaisers im September 1904 ein Abkommen zur Öffnung der Grenze für den Handel mit Britisch-Indien. Sie erwirkten in dem Abkommen, dass Tibet mit keiner anderen Nation Handel treiben durfte und auch keine andere Nation Telefonleitungen verlegen oder Verkehrsverbindungen errichten durfte. Es wurde zudem festgelegt, dass nur die Briten das Recht hatten, Militärstützpunkte in Tibet zu errichten. Weiterhin wurde festgelegt, dass Tibet nicht ohne Einverständnis der Briten in Verhandlungen mit anderen Ländern treten durfte. Erst 1906 wurde dieser Vertrag von der chinesischen Regierung bestätigt.


Im Vertrag von Sankt Petersburg von 1907 einigten sich England und Russland über ihre Interessensphären in Zentralasien und stellten die Suzeränität Mandschu-Chinas über Tibet fest. 1910 schickten die Mandschuren eine eigene militärische Expedition, um diesen Anspruch zu festigen. Der Dalai Lama, kaum aus dem Exil heimgekehrt, floh erneut, diesmal nach Indien. Infolge der chinesischen Revolution im Oktober 1911, des Sturzes der Qing-Dynastie und des damit einhergehenden Endes des Kaisertums in China verließen die chinesischen Truppen Tibet.



Eigenstaatlichkeit 1913 |



Im Frühjahr 1912 gab es nur noch eine kleine chinesische Garnison in Lhasa. Der Dalai Lama kehrte zurück und zog im Juni 1912 in Lhasa ein. Nach Vertreibung der letzten mandschu-chinesischen Truppen aus Lhasa Anfang Januar 1913 proklamierte der Dalai Lama am 14. Februar 1913 feierlich die staatliche Unabhängigkeit Tibets:[11]Tibet would be ruled without any outside interference[12]. Hierbei wurden auch die äußeren Symbole wie Flagge und Hymne festgelegt. In Tibet entwickelte sich somit ein nun von China unabhängiger Staat mit eigener Armee, Regierung und Währung, der über vier Jahrzehnte Bestand hatte. Zur gleichen Zeit wurde ein (später angezweifelter) Freundschaftsvertrag mit der Mongolei unterzeichnet, die ebenfalls gerade die Unabhängigkeit erklärt hatte.


China unternahm keine ernsthaften Versuche, die tibetische Unabhängigkeit abzuwehren oder einen Anspruch auf Tibet durchzusetzen, noch war es in der Lage, eine Regierungsgewalt in Tibet auszuüben. Die Gründe dafür mögen auch unter anderem darin zu finden sein, dass China während der auf die Revolutionswirren folgenden Zeit der Warlords und der 1920er und 1930er Jahre durch den Bürgerkrieg zwischen den Kriegsparteien aufgespalten und durch den folgenden Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg erheblich geschwächt war. Chinesische Ansprüche repräsentierten sich lediglich in gelegentlichen lautstarken Äußerungen[13] bzw. öffentlichem Auftreten, wie einer vom rechten Kuomintang-General Huang Musong angeführten Kondolenzmission nach Lhasa, die anlässlich des Todes des 13. Dalai Lama stattfand.


Der nach der Kapitulation Japans 1945 in China fortgesetzte Bürgerkrieg verursachte in Tibet Besorgnis. Als Reaktion darauf wurden alle chinesischen Beamten des Landes verwiesen und die eigene Armee aufgerüstet. Ein Appell an die Regierungen Großbritanniens, Indiens und der USA im Jahr 1949 blieb ohne Erfolg, so dass Tibet politisch isoliert blieb.



Eingliederung in die Volksrepublik China |






Lhasa im Jahr 1938




Eine Delegation von Tibetern am 8. September 1950 in Indien bei Premierminister Jawaharlal Nehru (Mitte)


Nach der Machtübernahme der Kommunistischen Partei und Gründung der Volksrepublik China unter Führung von Mao Zedong im Oktober 1949 erwachte der Anspruch auf Tibet und dessen Anschluss an das chinesische „Mutterland“ erneut. Die Absicht der Befreiung Tibets vom „britischen, imperialistischen Joch“ durch Chinas Volksbefreiungsarmee wurde im Januar 1950 durch Radio Peking verkündet. Am 7. Oktober 1950 erreichte die Volksbefreiungsarmee den tibetischen Ort Qamdo, wo sie nur auf minimalen Widerstand der schlecht ausgerüsteten tibetischen Armee traf. Einen Monat nach der Kapitulation der Armee in Osttibet durch den Gouverneur von Kham, Ngapoi Ngawang Jigmê, übernahm in Lhasa der 14. Dalai Lama im Alter von 15 Jahren, drei Jahre früher als üblich, die Regierung Tibets. Ein anschließender Appell an die Vereinten Nationen blieb erfolglos; er scheiterte wegen des „ungeklärten Rechtsstatus Tibets“ an der Ablehnung durch Großbritannien und Indien.


Nach der Aufnahme von Verhandlungen mit China unterzeichneten Repräsentanten der tibetischen Regierung am 23. Mai 1951 unter politischem Druck in Peking das 17-Punkte-Abkommen, ohne jedoch die Vollmacht durch ihre Regierung hierfür zu besitzen. In dem Abkommen wurde die Integration Tibets in China festgelegt, wobei Tibet neben der regionalen Autonomie und Religionsfreiheit auch eine Garantie zugesichert wurde, dass das existierende politische System in Tibet unverändert bleibt. Außerdem sollen Reformprozesse ohne Druck durch chinesische Zentralbehörden nur durch die tibetische Regierung eingeleitet werden.


Drei Tage später erfuhr die tibetische Regierung über das Radio von der Unterzeichnung und dem Inhalt des Abkommens. Da hierin das religiös-politische System Tibets und die Stellung des Dalai Lamas unverändert bleiben sollten, stimmte die Regierung in Lhasa am 24. Oktober 1951 dem Abkommen zu. Wenige Tage darauf brach die Volksbefreiungsarmee in Richtung Zentraltibet auf und errichtete in Lhasa binnen weniger Monate eine starke Militärpräsenz, die zahlenmäßig fast der Bevölkerungszahl entsprach.


Zu diesem Zeitpunkt unternahm die chinesische Regierung keine Versuche, das soziale oder religiöse System in dem neu geschaffenen Autonomen Gebiet Tibet zu verändern, das östliche Kham und Amdo wurden jedoch wie jede andere chinesische Provinz behandelt. Der Versuch der Kommunistischen Partei, dort die Landreform durch Errichtung von Volkskommunen und Sesshaftmachung der Nomaden durchzusetzen, erzeugte in der Bevölkerung erste Unzufriedenheit. In den 1950er Jahren kamen in diesen Gebieten größere Unruhen auf, die sich letztendlich bis ins westliche Kham und Ü-Tsang ausweiteten. 1955 kam es zu einem spontanen Aufstand, der blutig niedergeschlagen wurde. Der US-Geheimdienst CIA entsandte im Geheimen Ausbilder ins Land und unterstützte die aufständischen Guerillakämpfer mit Geld und Waffen.[14][15] Anschließend kam es durch den Zusammenschluss verschiedener Stammesgruppen zu einer landesweiten Rebellion, die sich im Khampa-Widerstand „Chushi Gangdruk“ organisierte.


1959, zur Zeit des Großen Sprungs nach vorn in China, behandelte die chinesische Führung den mittlerweile erwachsenen Dalai Lama mit offener Pietätlosigkeit. Am 10. März 1959 brach daraufhin in Lhasa der Tibetaufstand aus. Nach dem Beschuss des Norbulingka durch chinesische Truppen am 17. März 1959 floh der dort verweilende Dalai Lama nach Indien. Zwei Tage später brachen Kämpfe in der Stadt aus, der Volksaufstand wurde am 21. März brutal niedergeschlagen. Bei den Kämpfen starben laut exiltibetischen Angaben Zehntausende Tibeter.[16][17] Die roten Garden zerstörten in der Zeit der chinesischen Kulturrevolution von 1966 bis 1976 mehrere tausend Klöster und andere Kulturdenkmäler. Fast alle Kultur- und Religionsinstitutionen Tibets wurden vernichtet. Was den Han-Chinesen zur Zeit der „Kulturrevolution“ mehrheitlich jedoch als ein politischer Konflikt erschien, erschien den Tibetern als nationaler Konflikt, der sich gegen sie als Volk richtete und von den Han ausging.[18]



Heutige Situation |


Die Lage in Tibet ist weiterhin sehr angespannt. Zu Unruhen in Lhasa kam es zwischen 1987 und 1989, was zur Ausrufung des Ausnahmezustandes durch die Behörden führte, später folgten die Unruhen in Tibet 2008 sowie Selbstverbrennungen von Tibetern 2012.[19] China übte sich dabei stets in Kriegsrhetorik.[20]


Die chinesische Polizei- und Militärpräsenz in Tibet ist enorm, die Bevölkerung steht unter ständiger Kontrolle und wird stark unterdrückt.[21] Es ist streng verboten, den aktuellen Dalai Lama nur zu erwähnen oder gar Bilder von ihm zu verbreiten.[22] Menschenrechtsorganisationen beklagen des Weiteren die fehlende Religions- und Pressefreiheit, die strenge Geburtenkontrolle,[23]außergerichtliche Hinrichtungen und Verschwindenlassen[24]




Münzrechte im Zeitverlauf |



















































Zeit
Prägung
Zahlungsmittel
Auftraggeber
ab 7. Jahrhundert In Form von Silber- und Goldbarren und Goldstaub Srang und Sho Tibet
ab 1640 Importierte Silbermünzen aus Nepal im Gewicht von ca. 5,4 g
Mohars bzw. Tangka
Tibet
1763–1791 Erste Eigenprägungen von Silbermünzen in Tibet Tangka Tibet
1792–1835 Silbermünzen geprägt in Lhasa Tangka und Sho China und Tibet
1840–1908 Silbermünzen geprägt in Lhasa Gaden Tanka Tibet
1909–1911 Silbermünzen geprägt in Lhasa Shokang, Srang China
1911–1959 Banknoten (bis 1959) und Münzen (bis 1954) werden in verschiedenen Münzstätten in Lhasa und ab 1932 in der Münzstätte Tashi Lekhung, 3 km nördlich des alten Lhasa, gedruckt bzw. geprägt. Skar, Sho, Srang, Tangka Tibet


Tibets Status |




Landkarte der offiziellen Grenzen der Republik China (seit 1912), einschließlich Festlandchina, Mongolei, Tibet, Tuva und dem Kachin-Staat. Ansprüche auf die Gebiete auf dem Festland werden heute faktisch nicht mehr erhoben.



Historische Anmerkungen zu Tibets Status |


Bis Anfang des 18. Jahrhunderts war Tibet eine Region ohne festgelegte Grenzen, mit kleinen autonomen Fürstenstaaten im Osten und im Kernland mit rivalisierenden Fürsten, Klöstern und Sekten, die sich in stets wiederkehrenden Bürgerkriegen unter Einbeziehung kriegerischer Mongolenstämme bekämpften.


1720 vertrieb eine chinesische Armee die Krieger der Tsungaren aus Tibet. Die Soldaten des Kaisers wurden von den Tibetern freudig begrüßt und behandelten die Bevölkerung "mit großer Mäßigung", wie ein westlicher Missionar berichtete. Eine kaiserliche Delegation überbrachte am 21. April 1721 die offizielle Anerkennung des 7. Dalai Lama und überreichte das dreisprachige Staatssiegel; die Verwaltung und autonome Regierung in Lhasa wurde reorganisiert, das Amt des Regenten (desi) abgeschafft, ein Ministerrat (bka' shag, Kashag) eingesetzt. Dessen Vorsitzender und sein Stellvertreter wurden vom Kaiser ernannt. Nunmehr stand Tibet unter der direkten Oberhoheit des Kaiserreiches. Von einem tributpflichtigen Staat außerhalb des eigentlichen chinesischen Territoriums wurde es nunmehr definiert als ein integraler Bestandteil Chinas.[25] Innerhalb Tibets führte die stärkere Anbindung an die chinesische Zentralgewalt, die durch die Entsendung der mit großen Machtbefugnissen ausgestatteten Ambane noch verstärkt wurde, zu einer längeren Phase der Stabilität.


Im Zuge der britisch-russischen kolonialistischen Spannung (The Great Game) galten im ausgehenden 19. Jahrhundert das späte Kaiserreich China der Qing wie auch das kadscharische Shahtum Persien als weitaus zu schwache Partner, und Großbritannien favorisierte einen unabhängigen Pufferstaat (diese Zeit gehört auch mit zu den Wurzeln der Konflikte im westlich liegenden Afghanistan). Lange wurde der britisch-russische Konflikt im tibetischen Hochland primär auf geheimdienstlicher Ebene geführt. Die Lage änderte sich mit dem Auftauchen der britischen Invasionsarmee in Tibet unter Francis Younghusband (1903–1904). Im Zuge der Xinhai-Revolution, des Zusammenbruchs des Kaiserreichs und der Gründung der ersten chinesischen Republik, als China geschwächt und primär in innere Konflikte verstrickt war, rief der 13. Dalai Lama, der zuvor in Britisch-Indien Zuflucht gefunden hatte und auf die Unterstützung der Briten zählen konnte, die Unabhängigkeit aus. Kashag-Minister, die ihm auf diesem Weg nicht folgen wollten, wurden ermordet, renitente Klöster zerstört und ihre Äbte streng bestraft. Der Panchen Lama, zweiter hoher Würdenträger der Gelugpa, musste nach China fliehen. Die tibetische Unabhängigkeit, die sich nur auf Zentraltibet (die Provinzen Ü und Tsang) bezog, wurde von keinem Staat der Welt, nicht einmal von Großbritannien oder später den USA, anerkannt. Völkerrechtlich ist Tibet zwischen 1913 und 1951 daher mit De-facto-Regimen wie Abchasien, Südossetien, Transnistrien usw. zu vergleichen.[26]



Die Sichtweise der tibetischen Exilregierung |





Flagge Tibets. Diese Flagge ist in der Volksrepublik China verboten.


Die tibetische Exilregierung vertritt die Auffassung, dass Tibet zum Zeitpunkt der Invasion durch die chinesische Volksbefreiungsarmee ein unabhängiger und voll funktionsfähiger Staat gewesen sei[27] und dass die militärische Invasion und die andauernde Besetzung ein Verstoß gegen internationales Recht und gegen das Recht auf Selbstbestimmung seien. Ferner sei Tibet nicht, wie es die Volksrepublik China darstellt, seit 700 Jahren (seit dem 14. Jahrhundert) fester Bestandteil Chinas, sondern habe nur für kurze Zeiten unter dem Einfluss der Mongolen oder der Mandschu gestanden, jedoch nie unter dem Einfluss der Han-Chinesen. Tibet habe mit anderen Nationen im diplomatischen Kontakt gestanden: mit Nepal seit 1856 und mit Großbritannien seit 1903.[28]


Das 17-Punkte-Abkommen – auch als „Abkommen zur friedlichen Befreiung Tibets“ bezeichnet – ist nach tibetischer Auffassung ungültig, da die Unterzeichnung durch tibetische Delegierte aufgrund militärischen Drucks Chinas erfolgte. Des Weiteren wird China vorgeworfen, die in dem Abkommen zugesicherte innenpolitische Autonomie und Religionsfreiheit missachtet zu haben.


Am 22. September 1987 machte Dalai Lama Tendzin Gyatsho einen Vorschlag zur Annäherung an China in Form eines Fünf-Punkte-Friedensplans.[29]



  1. Umwandlung von ganz Tibet, einschließlich der östlichen Provinzen Kham und Amdo, in eine Zone der Gewaltlosigkeit

  2. Aufgabe der chinesischen Politik der Bevölkerungsumsiedlungen

  3. Achtung der Menschenrechte und demokratischen Freiheiten des tibetischen Volkes

  4. Wiederherstellung und Schutz der Umwelt Tibets

  5. Aufnahme ernsthafter Verhandlungen über den künftigen Status Tibets sowie Beziehungen zwischen dem tibetischen und dem chinesischen Volk





Wappen/Siegel der tibetischen Exilregierung und Tibets vor der chinesischen Okkupation


Die chinesische Regierung wies den Plan zurück.



Die Sichtweise der chinesischen Regierung |


Aus Sicht der festlandchinesischen Regierung ist Tibet seit mehreren hundert Jahren ein fester Bestandteil Chinas. Nach Ansicht regierungstreuer Historiker markiert die Hochzeit von Songtsen Gampo mit der chinesischen Prinzessin Wen Cheng im 7. Jahrhundert den Beginn der kulturellen Vorherrschaft Chinas über Tibet – eine Deutung, die international kaum geteilt wird.[30][31] Ab dem 13. Jahrhundert sei Tibet dann ein administrativ unabteilbarer Teil Chinas gewesen,[32] obwohl im 13. Jahrhundert eine mongolische, also keine chinesische Fremdherrschaft über Tibet begann. Nach der festlandchinesischen Auffassung hätte der 13. Dalai Lama Thubten Gyatso im Jahr 1894 mit Hilfe der britischen Imperialisten versucht, Tibet von China abzuspalten. In diesem Jahr wurde der Statthalter des chinesischen Kaisers vom Dalai Lama aus Tibet vertrieben.[33] Die Kolonialmacht Großbritannien war in China militärisch präsent und unterstützte die Abspaltung Tibets politisch, was die chinesische Regierung zum Stillhalten zwang. Die Unabhängigkeitserklärung von 1913 ist aus Sicht der chinesischen Regierung völkerrechtlich nie wirksam geworden, da sie weder von China noch von irgendeinem anderen Staat je anerkannt wurde. Mit dem Zurückdrängen der ausländischen Beeinflussung Tibets (1950) und dem Abschluss des 17-Punkte-Abkommens (1951) sei der traditionelle Zustand wiederhergestellt worden. Gleichzeitig beruft sich die chinesische Regierung auch darauf, die Bevölkerung Tibets von einem feudalen Unterdrückungssystem befreit zu haben.[34] Diese Befreiung sei durch den 10. Penchen Lama Chökyi Gyeltshen in einem Telegramm an Mao Zedong befürwortet worden.[35] Chökyi Gyeltshen war zu diesem Zeitpunkt jedoch erst elf Jahre alt.


Den 5-Punkte-Plan des Dalai Lamas Tendzin Gyatsho wies die chinesische Regierung am 17. Oktober 1987 zurück und beschuldigte ihn, die Kluft zwischen ihm und der chinesischen Regierung zu vergrößern. Sie wirft dem Dalai Lama darüber hinaus vor, ein politischer Exilant zu sein, der sich seit langem im Ausland um Chinas Spaltung bemühe. Ein Dialog mit dem Dalai Lama kommt für sie nur in Betracht, sobald dieser auf das Streben nach einer so genannten Unabhängigkeit Tibets verzichtet. Hierzu müsse er in einer öffentlichen und eindeutigen Erklärung Tibet und Taiwan als untrennbare Teile des chinesischen Territoriums und die Volksrepublik China als die einzige legitime Regierung anerkennen, und sich verpflichten, alle Aktivitäten zur Spaltung des Vaterlandes einzustellen.



Sichtweise anderer Länder |


Die völkerrechtlichen Argumente, die von anderen Ländern vorgebracht werden, sind sehr unterschiedlich. Die Internationale Juristenkommission erklärte im ICJ Report 1960, Tibet sei jedenfalls 1951 de facto ein unabhängiger Staat gewesen und habe schon in den Jahren 1913–1950 die anerkannten Kriterien für einen Staat erfüllt.[36] Mehrere Staaten haben jedoch ihre jeweils eigene offizielle Sicht.



Deutschland |


Erstmals Erwähnung fand Tibet im Deutschen Bundestag im Jahr 1986 aufgrund der parlamentarischen Kleinen Anfrage der Abgeordneten Petra Kelly, Herbert Rusche und der Fraktion DIE GRÜNEN (Drucksache 10/5666) sowie der Antwort der Bundesregierung darauf (Drucksache 10/6127).


Der völkerrechtliche Status Tibets ist umstritten. So betrachtet die deutsche Bundesregierung in Übereinstimmung mit der internationalen Staatengemeinschaft Tibet auf politischer Ebene als Teil des chinesischen Staatsverbandes,[37] selbst wenn Tibet im Laufe der wechselvollen Geschichte die Voraussetzung eines unabhängigen Staates erfüllt haben sollte. Sie unterstützt aber den tibetischen Anspruch auf Autonomie, insbesondere im kulturellen und religiösen Bereich, als adäquaten Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts des tibetischen Volkes. Kontakte zum Dalai Lama bestehen nur in dessen Eigenschaft als religiöser Führer.[38]


Andere Stellen kommen zu anderen Ergebnissen in der völkerrechtlichen Frage. Der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestages stellte 1987 auf Anfrage der Bundestagsabgeordneten Petra Kelly fest:


„Die Staatengemeinschaft geht zwar davon aus, dass Tibet Teil des chinesischen Staatsverbandes ist, doch wurde der Status Tibets nicht geklärt. Zum Zeitpunkt der gewaltsamen Einverleibung in den chinesischen Staatsverband war es ein eigenständiger Staat. China hat keinen wirksamen Gebietstitel erworben, weil es dem Grundprinzip des aus dem Gewaltverbot hervorgehenden Annexionsverbots entgegensteht. Die Effektivität tatsächlicher Herrschaftsgewalt über ein Gebiet vermag keinen Gebietserwerb zu bewirken.“ [39]

Der Deutsche Bundestag stellte im Jahr 1996 mit einer sehr großen Mehrheit die gewaltsame Unterdrückung Tibets und Repressionspolitik Chinas fest:


„Beginnend mit den unmenschlichen Militäraktionen seit dem Einmarsch Chinas im Jahr 1950, dauert die gewaltsame Unterdrückung Tibets und seines Strebens nach politischer, ethnischer, kultureller und religiöser Selbstbestimmung bis heute an. Die fortgesetzte Repressionspolitik Chinas in Tibet hat schwere Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörungen sowie massive wirtschaftliche, soziale, rechtliche und politische Benachteiligungen der tibetischen Bevölkerung und letztlich die Sinisierung Tibets zur Folge.“[40]

Seit Mai 1995 gibt es im Deutschen Bundestag mit dem Tibet-Gesprächskreis auch ein interfraktionelles Gremium, das sich laufend mit der Tibetproblematik beschäftigt.


Im Jahr 1998 bekräftigte der damalige Außenminister Joschka Fischer jedoch die Zugehörigkeit Tibets zur Volksrepublik China. Er erklärte, die rot-grüne Bundesregierung stehe mit ihrer Chinapolitik in der Kontinuität der alten Regierung. Tibet werde als ein integraler Bestandteil Chinas betrachtet, alle Unabhängigkeitsbestrebungen würden als Separatismus angesehen und nicht unterstützt.[41] An der Einbringung der Bundestagsresolution[40] zu Tibet im Jahr 1996 wirkte Fischer (damals noch in der Opposition) ebenfalls mit.



Europäische Union |


Das Europäische Parlament veröffentlichte seit 1987 verschiedene Tibet betreffende Resolutionen. Hierbei verurteilte es wiederholt die Verletzungen der Menschenrechte und der Religionsfreiheit durch die chinesischen Behörden.[42]


In der Resolution vom 15. Dezember 1992 stellte es fest, dass das tibetische Volk ein Volk im Sinne des Völkerrechts sei und ihm das Recht auf Selbstbestimmung zustehe. Außerdem verurteilte es die militärische Besetzung Tibets durch chinesische Truppen und drückte angesichts der Bedrohung der „nationalen Identität“ des tibetischen Volkes seine Besorgnis aus.[43]


Im Europäischen Parlament vertreten Abgeordnete in der überfraktionellen Tibet Interest Group das Interesse der Tibeter.



USA |


Der US-Senat verabschiedete am 23. Mai 1991 eine Resolution, nach der Tibet, einschließlich derjenigen Regionen, die den chinesischen Provinzen einverleibt wurden, nach gängigen Richtlinien internationalen Rechtes ein besetztes Land bildet, dessen wahre Repräsentanten der Dalai Lama und die tibetische Exilregierung bilden.
Die chinesische Regierung wurde daraufhin aufgefordert, ihre Streitkräfte aus Tibet zurückzuziehen.[44][45]



Indien |


Am 13. April 2005 vereinbarten die Regierungen Indiens und Chinas eine Reihe von Zusammenarbeitsverträgen, die unter anderem auch eine gemeinsame Deklaration über die gegenseitig anerkannte Grenze umfassen. Grundsätzlich wird die gegenwärtige aktuelle Waffenstillstandslinie aus dem Grenzkrieg von 1962 als gemeinsame Grenze anerkannt. Dabei verzichtet der chinesische Staat ausdrücklich auf Ansprüche südlich der McMahon-Linie (Bundesstaat Arunachal Pradesh) und insbesondere im Distrikt Tawang, in Sikkim und in der Region Ladakh. Die indische Regierung erkennt auf der anderen Seite die Hoheit Chinas im Gebiet nördlich der McMahon-Linie, im chinesischen Autonomen Gebiet Tibet und auf dem Aksai Chin-Plateau an.



Republik China (Taiwan) |



Die Haltung der Republik China (Taiwan) zu Tibet wurde in der Eröffnungsrede zum International Symposium on Human Rights in Tibet am 8. September 2007 durch deren Präsidenten Chen Shui-bian wie folgt beschrieben:[46]





“During the inauguration conference of the Taiwan-Tibet Exchange Foundation in 2003, I announced our new policy and emphasized that the Taiwan government will no longer treat people of the Tibetan government-in-exile as Chinese people. Instead, we will handle our relations with Tibet and China separately under this fresh perspective on our relations with Tibet.”




„Während der Einführungstagung der Stiftung für Tibetisch-taiwanischen Austausch im Jahr 2003 habe ich unsere neue Politik angekündigt und hervorgehoben, dass die taiwanische Regierung das Volk der tibetischen Exil-Regierung nicht länger als chinesisches Volk ansieht. Stattdessen werden wir anhand dieser neuen Sichtweise über Tibet unsere Beziehungen mit Tibet und China getrennt voneinander behandeln.“





Darüber hinaus sprach er seine Unterstützung für jegliche Lösungsvorschläge des Dalai Lamas in der Tibetfrage aus.



Kultur |



Buddhismus |





Der heilige Berg Kailash hat große Bedeutung im tibetischen Buddhismus.


Tibet ist der Mittelpunkt des tibetischen Buddhismus, der als Vajrayana bekannt ist. Der Buddhismus in Tibet hatte sich zunächst seit dem 8. Jahrhundert und später ab dem 11. Jahrhundert in vier großen buddhistischen Schulen (Nyingma, Kagyü, Sakya und Gelugpa) entwickelt. Der international bekannteste Lama des tibetischen Buddhismus ist der im indischen Exil lebende 14. Dalai Lama. Er ist zugleich bedeutender Repräsentant einer Mahayana-Schule (Gelugpa) und wird von der tibetischen Exilregierung als Staatsoberhaupt anerkannt. Die vorbuddhistische tibetische Religion ist der Bön; sie ist von buddhistischen Einflüssen stark durchdrungen – ebenso wie der tibetische Buddhismus wiederum vom Bön beeinflusst wurde.



Literatur |



Neben der mündlichen Tradition des Gesar-Epos entwickelte sich in Tibet spätestens mit der Einführung der tibetischen Schrift im 7. Jahrhundert eine zutiefst religiös geprägte Literatur. Ab dem 13. Jahrhundert wurde der Spiegel der Poesie (tib. snyan ngags me long), die Poetik des indischen Gelehrten Dandin, zur Norm für literarische Komposition. Erst mit der Annexion Tibets durch die Volksrepublik China wurde die seit über 800 Jahren statisch festgeschriebene Tradition aufgebrochen, und konnten sich moderne wissenschaftliche, politische und literarische Genres etablieren.
Während unter dem Stichwort „tibetische Literatur“ meist der große Schatz religiöser Texte verstanden wird, treten Drama, Lyrik, erzählende Literatur sowie die reiche mündliche Überlieferung oft in den Hintergrund. Berühmte Beispiele der tibetischen Literatur sind das Tibetische Totenbuch und das Gesar Epos.



Musik |



Traditionelle tibetische Musik wird in volkstümliche Lieder und die für religiöse Zeremonien unentbehrliche Kultmusik eingeteilt. Die zur ersten Gattung gehörenden und meist von Saiteninstrumenten begleiteten poetischen Geschichten werden von Hirten, bei der Feldarbeit, bei Hochzeiten oder von Bettelmusikern vorgetragen und nehmen Anleihen bei der chinesischen, mongolischen oder indischen Volksmusik. Die sakrale Musik wird von Blas- und Perkussionsinstrumenten getragen, im Wechsel oder in Verbindung mit dem tiefen monotonen Gesang der Mönche. Außerhalb Tibets ist mehr die religiöse Musik vor allem im Zusammenspiel mit westlichen Musikern bekannt, während die vielfältigen Formen der Popularmusik eine größere Rolle innerhalb des Landes spielen.



Kunst |


Eine religiöse Kunstform stellen tibetisch-buddhistische Wandmalereien dar.


Einen besonderen Kulturschatz stellen Statuen, Glocken und Ritualgegenstände dar, die aus der Legierung Dzekshim gefertigt wurden.



Museen |





Heinrich-Harrer-Museum


Es gibt einige Museen in der Welt, welche sich insbesondere auf Kultur und Kunst aus Tibet ausrichten. In Lhasa steht südöstlich vom Norbulingka-Palast das Tibet Museum.[47] Ein anderes Tibet Museum befindet sich in Dharamsala, Indien, wo sich viele Flüchtlinge niedergelassen haben. Dieses Museum wurde 1998 zur Erinnerung an den Verlust tibetischer Kultur und Menschenleben gestiftet und stellt unter anderen eine Photo-Sammlung von Lebensgeschichten aus.[48] Zwei weitere Museen, die vorwiegend tibetischer religiöser Kunst gewidmet sind, befinden sich in der Library of Tibetan Works and Archives, ebenfalls in Dharamsala, sowie im Tibet House in Neu Delhi. Das Tibetologie-Institut Namgyal beherbergt ein Museum über Tibet in Gangtok, nicht weit von der tibetischen Grenze im indischen Teilstaat Sikkim. Das Namgyal Institut ist spezialisiert auf tibetische Sprache, Literatur und Traditionen, einschließlich des tibetischen Buddhismus. Das Museum besitzt eine bedeutende Sammlung von Statuen, Schreinen, Bildwirkereien, Masken, Thangkas und anderer tibetischer Kunst.[49]


Außerhalb Asiens beherbergen vor allem das Jacques Marchais Museum of Tibetan Art in Staten Island, das Rubin Museum of Art in Manhattan, das Field Museum in Chicago, das Asian Art Museum in San Francisco und das Musée Guimet in Paris eine große Kollektion tibetischer Kunst. Im deutschen Sprachraum sind vor allem das Museum für Asiatische Kunst in Berlin, das Staatliche Museum für Völkerkunde München, das Linden-Museum in Stuttgart und das Heinrich-Harrer-Museum in Hüttenberg (Kärnten) von Bedeutung.



Küche |



Die typische Ernährung stützt sich auf die Produkte des Landes; mit seinem rauen Klima schränkte es die Landwirtschaft ein (z. B. ist Gerste das dominierende Getreide) und stellt an seine Bewohner spezielle ernährungsphysiologische Ansprüche. Der allgegenwärtige salzige Buttertee deckt etwa den Flüssigkeitsbedarf auf physiologisch vernünftige Weise. Üblicherweise wird dazu Yakbutter genommen, die auch in den Butterlampen Verwendung findet – auch für rituelle Zwecke.


Eine bekannte tibetische Mahlzeit ist Tsampa, ein Vollkornmehl aus gerösteter Gerste, das nur mehr mit heißem Buttertee angerührt werden muss. Sie wird auch meist zum Frühstück, als Zwischenmahlzeit oder während Pilgerfahrten und auf längeren Reisen gegessen. Die hauptsächlichen Produkte und Lebensmittel stammen aus der Landwirtschaft und aus eigenem Anbau.



Medizin |



Eine tiefe Verbindung von Religion, Philosophie und Kultur prägt die tibetische Heilkunst.
Traditionelle Diagnosepraktiken sind:



  • Sehen, Fühlen, Hören

  • Pulsdiagnose

  • Urin- und Zungendiagnose


Behandlungsmethoden:



  • Energiepunktmassagen

  • Heilbäder und Wasseranwendungen

  • Mineralische Substanzen und Kräuter zum Einnehmen



Wirtschaft |




Zelt der Nomaden während der Wanderschaft im Sommer



Landwirtschaft und Viehzucht |


Der überwiegende Teil der tibetischen Bevölkerung arbeitet in der Landwirtschaft. Bauern und Hirten machen über 85 % der tibetischen Bevölkerung aus.[50] Durch die Politik der 1970er und 1980er Jahre und das Bevölkerungswachstum bei den tibetischen Viehhirten und den dadurch ausgeweiteten Bestand an Tieren werden die vorhandenen Steppen schwer belastet und ihre Qualität sinkt in bedenklichem Ausmaß. Um die Steppen zu entlasten, wird nach alternativen Arbeitsplätzen für einen Teil der Viehzüchter gesucht.[51] Im Rahmen dieses Programms wurde im September 2007 beschlossen, dass bis zum Jahr 2010 von den Nomaden, die die Berghänge am Oberlauf der großen Flüsse in der nördlichen Provinz Qinghai bewohnen, 100.000 Menschen ihre Heimat verlassen müssen, um in den Städten neu angesiedelt zu werden.[52]



Tourismus |


Der Wirtschaftszweig des Tourismus wird derzeit stark entwickelt. Während es im Jahr 2004 in Tibet 1,2 Millionen Touristen gab, davon entfielen knapp 100.000 auf internationalen Tourismus, gab es im Jahr 2017 über 25,6 Millionen Touristen, hauptsächlich aus dem übrigen China, dies war eine Steigerung von 10 % zum Jahr 2016. Der Tourismus ist nun der Hauptarbeitgeber in Tibet.[53] Mehr als 300.000 Menschen arbeiten im Tourismus aber nur noch ungefähr 100.000 Menschen als Bauern oder Hirten.[54]




Die Lhasa-Bahn


Wesentliche Impulse für den Tourismus steuert inzwischen die im Jahr 2006 eröffnete Lhasa-Bahn bei. Sie hat Wagen mit Panoramafenstern und hält an Stellen mit besonderer Aussicht.[55] Durch die Lhasa-Bahn gibt es nun eine tägliche, meist ausverkaufte Zugverbindung zwischen Peking und Lhasa mit einer Reisezeit von 48 Stunden.[56] Im Jahr 2007 stieg die Anzahl der Touristen im Autonomen Gebiet Tibets um 60,4 % auf 4,02 Millionen. Die Einnahmen stiegen um 75,1 % auf 4,8 Milliarden Yuán (658 Millionen US-Dollar). Im Jahr 2011 betrug die Zahl der in- und ausländischen Touristen im autonomen Gebiet Tibet 8,5 Millionen und im Jahr 2013 12,91 Millionen.[57][58] Um die Lehm- und Holzkonstruktion des Potala, der wichtigsten Touristenattraktion in Lhasa, zu schützen, wurde die Anzahl der Besucher auf 2300 pro Tag beschränkt.[59] Es gibt aber auch die Befürchtung, dass selbst diese Zahl für die Bausubstanz des Potala schon zu hoch sein könnte. Zum Ausbau des Tourismus wird deshalb versucht, andere Ziele in Tibet für den Tourismus zu fördern. Lhasa selbst soll in der Planung des chinesischen Staatsrats bis 2020 zu einem internationalen Touristenort ausgebaut werden. Dafür soll ein neues modernes Touristenviertel mit Hotels, Läden und Unterhaltungsetablissements entstehen und das städtische Verkehrsnetz ausgebaut werden.[60]


Zur Förderung des Tourismus werden auch neue Fluglinien eingerichtet. Der weltweit höchstgelegene, zivile Flughafen wurde im September 2013 in der südwestchinesischen Provinz Sichuan eröffnet. Der Daocheng Yading Airport befindet sich im Kreis Daocheng, Autonome Tibetische Präfektur Garzi und liegt vom Yading Naturreservat im östlichen Teil des Qinghai-Tibet-Plateaus nur 159 Kilometer entfernt. Yading wird für Touristen als "das letzte Shangri-La" und "das letzte reine Land auf dem blauen Planeten" beworben.


Der Flughafen Daocheng-Yading liegt 4411 Meter über dem Meeresspiegel und ist nun der weltweit höchstgelegene, zivile Flughafen. Zuvor war das der Flughafen Bamda in Qamdo im Autonomen Gebiet Tibet, der 4.334 Meter über dem Meeresspiegel liegt.[61]


Im Autonomen Gebiet Tibets leben laut offiziellen Stellen heute bereits über 30.000 Tibeter vom Tourismus.[62]


Kritische Stellen bezweifeln jedoch, dass der wirtschaftliche Fortschritt des Tourismus auch bei der tibetischen Bevölkerung ankommt. So wurden z. B. im Jahr 2003 einhundert tibetische Reiseführer entlassen und durch chinesische ersetzt.[63] Durch fehlende Bildung bleiben die meisten Arbeitsplätze im touristischen Sektor für Tibeter unerreichbar. Tibetern, die im Exil ihre Ausbildung erhalten haben, bleiben Jobs als Reiseführer versagt.[64] Laut einer Schätzung waren im Jahr 1995 75 % der Geschäfte in Lhasa in chinesischem Besitz sowie über 90 % der Händler auf dem Gemüsemarkt chinesisch.[65]



Bergbau |


Der Bergbau soll zur dritten Säule der tibetischen Wirtschaft werden. Bisher steckt er zwar noch in den Kinderschuhen, er wird aber inzwischen zielstrebig entwickelt. Tibet hat Lagerstätten von Bodenschätzen wie Chrom, Kupfer, Magnesit, Bor, Blei, Gold, Erdöl, Eisen, Lithium, Kaliumchlorid, Aluminium, Zink und anderes. Noch wird wenig gefördert, aber die Entwicklung des Abbaus ist ein Schwerpunkt des gegenwärtigen Fünfjahrplans der Regierung in Peking.[66] Im Januar 2007 meldete die chinesische Regierung die Entdeckung von großen mineralischen Lagerstätten unter dem tibetischen Hochland.[67] Die Lagerstätten sind nicht sehr weit von der Lhasa-Bahn entfernt und könnten die in China vorkommenden Bodenschätze an Zink, Kupfer und Blei verdoppeln. Kritiker befürchten jedoch, dass der Abbau dieser Vorkommen das Ökosystem in Tibet schädigen könnte.[67]



Weitere Industriezweige |


Die Grundstoff- und Baustoffindustrie gehört auch zu den derzeit besonders geförderten Industrien. Ein kleinerer Wirtschaftszweig sind traditionelle handwerkliche Produkte wie Teppiche, Pulu (manuell gewebter Wollstoff) und Kunsthandwerk.



Arbeitsplätze |


Im Folgenden wird die Anzahl der Arbeitsplätze im Autonomen Gebiet Tibet, aufgeschlüsselt in die verschiedenen Wirtschaftsbereiche, aufgelistet. Kennzeichnend sind die ungebrochene Dominanz der Landwirtschaft und Viehzucht und das weitgehende Fehlen von Arbeitsplätzen in Industrie und Handwerk.
































































































Zahl der Beschäftigten in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen im AGT[68]
Einheit: 10.000 Menschen
Jahr
1985
1990
2000
2003
Gesamtzahl der Beschäftigten
105,72
107,88
124,18
132,81
Anzahl der Beschäftigten aufgeteilt in Wirtschaftsbereiche




Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Viehzucht und Fischerei
85,58
87,08
90,98
85,14
Bergbau und Steinbruch
0,47
0,41
0,35
2,22
Herstellungsindustrie
1,92
1,60
2,87
1,56
Strom-, Gas-, Wasserversorgung, Transport und Telekommunikation
2,81
3,71
3,88
4,31
Bauwesen
1,99
1,67
3,56
7,90
Forschung und technische Dienste
0,35
0,37
0,23
0,53
Groß- und Einzelhandel
3,65
3,31
7,33
7,25
Bank- und Versicherungswesen
0,35
0,34
0,62
0,62
Soziales, Gesundheitswesen, Bildung und Kultur
3,89
4,15
5,46
13,67
Öffentliche Verwaltung
3,38
4,23
5,73
6,16


Wirtschaftswachstum |


Seit 1999 wird die wirtschaftliche Entwicklung Tibets im Rahmen des Entwicklungsprogramm für den Westen Chinas unterstützt. Dieses Programm wurde geschaffen, um, nach den wirtschaftlichen Erfolgen der Küstenprovinzen, die zurückgebliebenen Gebiete im Westen Chinas in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung zu unterstützen. Ein wesentliches Element dieses Planes ist der Aufbau einer besseren Infrastruktur.[69]



Verkehr |




Der Friendship Highway, die Hauptstraße zwischen Nepal und Lhasa, im August 2005


Zwischen 2002 und 2012 hat sich die gesamte Länge der asphaltierten Fernverkehrsstraßen im Autonomen Gebiet Tibet fast verdoppelt. Von zirka 36.000 km wurde sie auf 65.200 km verlängert.[70]


Nach Angaben des tibetischen Amtes für Verkehr und Transport wird derzeit im Autonomen Gebiet Tibet mit Hochdruck am Ausbau des Straßennetzes gearbeitet. Nach den offiziellen Angaben sollten im Jahr 2013 zwölf Milliarden Yuán (knapp anderthalb Milliarden Euro) für den Bau von 5000 Straßenkilometern ausgegeben und dadurch weitere 258 Dörfer an das tibetische Landstraßennetz angebunden werden. Inzwischen haben auch die Arbeiten für den Bau einer Schnellstraße von Lhasa nach Nyingchi an der Grenze zu Indien sowie zur Straßenanbindung von vier Hochgebirgsflughäfen begonnen.[71]


Ab 2001 wurde von Golmud an der Nordgrenze Tibets nach Lhasa eine Eisenbahn, die Lhasa-Bahn gebaut, die am 1. Juli 2006 ihre Jungfernfahrt hatte. Sie ist die bisher (Stand 2012) höchste Eisenbahn der Welt, fährt über einen Pass von 5072 m über NN, wurde teilweise auf Permafrostboden gebaut und führt durch Erdbebengebiete. Die Bahn erschließt Tibet erstmals durch Schienenverkehr. 2014 wurde die Linie mit der Bahnstrecke von Lhasa nach Xigazê verlängert.


Internationale Flughäfen gibt es in Qamdo, in Nyingchi und in Lhasa.



Ökologie |


In den 1950er Jahren begann ein großer Kahlschlag in Tibets Wäldern vor allem im Osten des Landes. Unzählige Transporte mit tibetischem Holz verließen die Region meist in Richtung Zentralchina. Die Folgen sind in Tibet, wie auch in anderen vergleichbaren Regionen weltweit, eine hohe Erosion im Hochgebirge, einhergehend mit Erdrutschen und erhöhtem Steinschlag, sowie einem Ansteigen der Wasserstände der Flüsse, was zu Überschwemmungen führt.[72] Um weitere Umweltschäden zu vermeiden, wurde im Autonomen Gebiet Tibet von 1990 bis 2002 die Einschlagsmenge Holz von 210.000 m³ auf 50.000 m³ reduziert. Gleichzeitig wurde und wird weiterhin ein groß angelegtes Aufforstungsprogramm durchgeführt.[73]


Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Bevölkerungsentwicklung Tibets. Die Bevölkerung hat sich im letzten halben Jahrhundert mehr als verdoppelt und im Rahmen eines aufkommenden Wohlstands hat sich, nach offiziellen chinesischen Quellen, die Fleischproduktion Tibets von 1978 bis 2003 vervierfacht.[74] Damit hat sich aber auch die Anzahl der Tiere der Nomaden auf den Steppen vervierfacht. Grundlage einer ökologisch verträglichen Viehwirtschaft der tibetischen Nomaden ist aber, dass ausreichend Weidefläche vorhanden ist. Sie kann in Tibet jedoch nicht weiter ausgedehnt werden. Es entsteht Weidekonkurrenz und Überweidung. Ohne die Politik der Überweidung und teilweisen Verwüstung in den 1970er und 1980er Jahren wären die Probleme etwas kleiner.[75]


Verschärft wird die Weidekonkurrenz noch dadurch, dass, nach klassischer nomadischer Handlungsweise, die Haushalte Wert darauf legen, möglichst große Herden zu besitzen. Viele Tiere zu besitzen bezeugt Wohlstand und gilt als Absicherung für – sich derzeit häufende – schlechte Jahre.


All dies verschärft den Druck auf die Steppenlandschaft, deren Qualität in den letzten Jahrzehnten bereits teilweise schwer gelitten hat. Für Nomaden müssen unbedingt neue Lebenschancen in den größeren Gemeinden und Städten geschaffen werden, um Menschen aus den Steppen abzuziehen und dadurch die Steppen zu entlasten.[51]


Durch den Druck auf die Steppenlandschaft hat sich auch die Vegetation an den Oberläufen vieler Flüsse in großem Maß reduziert. Bodenerosion und Umweltzerstörung werden immer kritischer. Aus diesem Grund beschloss die Zentralregierung Chinas, von 2000 an 103,5 Milliarden Yuán zu investieren, um die natürlichen Wälder im Gebiet am Oberlauf des Yangtse und am Ober- und Mittellauf des Gelben Flusses, das 13 Provinzen und 770 Kreise umfasst, zu schützen.[76]


Im März 2013 meldete die Forstverwaltung des Autonomen Gebietes Tibets den Beginn eines neuen, zehn Jahre umfassenden, Aufforstungsprogramms. Schwerpunktmäßig würden die Gelder für den Anbau von Ökowäldern in mehreren Regionen und die Anlage von Schutzwäldern in der Umgebung der Hauptstadt Lhasa verwendet. Auch die Umwandlung von Ackerland in Wälder stehe im Mittelpunkt des Aufforstungsprojekts.[77]



Weblinks |



 Portal: Tibet – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Tibet


 Wikisource: Tibet – Quellen und Volltexte


 Wikivoyage: Tibet – Reiseführer


 Commons: Tibet – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Wikibooks: Geschichte und Politik Tibets – Lern- und Lehrmaterialien


 Wikibooks: Tibet – Lern- und Lehrmaterialien


 Wiktionary: Tibet – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


 Wikiquote: Tibet – Zitate

Exiltibetische Gruppen und Menschenrechte



  • The Central Tibetan Administration (englisch)

  • Tibet Initiative Deutschland e. V.


  • International Campaign for Tibet: International Campaign for Tibet Deutschland e. V.


  • Internationale Gesellschaft für Menschenrechte: Die Menschenrechte in Tibet

  • FreeTibet.org – Organisation mit dem Ziel der Befreiung Tibets von der Chinesischen Besatzung

  • Gesellschaft zur Hilfe an das Tibetische Volk (Österreich)

  • TibetNews – Nachrichten über Tibet, Menschenrechte und Buddhismus


Chinesische Regierung


  • Offizieller Standpunkt der VR China über die Autonomie der Nationalitäten in Tibet

  • Chinesisches Weißbuch über Tibets ökologischen Aufbau und Umweltschutz


  • China Tibet Information Center (englisch)


  • Chinese Whitepaper: Tibet – Its Ownership And Human Rights Situation (englisch)


  • Chinese Whitepaper: Tibet's March Toward Modernization (englisch)


Fachartikel



  • Die Zukunft der Nomaden Tibets im Eurasischen Magazin


  • The Tibetan & Himalayan Digital Library (Memento vom 5. Dezember 2012 im Webarchiv archive.is), University of Virginia (englisch)


  • „Nazis auf dem Dach der Welt“ von Jürgen Ritter und Christopher Peter „Spiegel online“


Fotos

  • Tibet Fotos


Literatur |


Deutsch


  • Jürgen C. Aschoff: Tibet, Nepal und der Kulturraum des Himalaya (mit Ladakh, Sikkim und Bhutan). Kommentierte Bibliographie deutschsprachiger Bücher von 1627 bis 1990 (Aufsätze bis zum Jahre 1900). Garuda Verlag, Dietikon/Schweiz 1992, ISBN 3-906139-07-7


  • Karl-Heinz Everding: Tibet. Lamaistische Klosterkultur, nomadische Lebensweise und bäuerlicher Alltag auf dem Dach der Welt. 5. Auflage. DuMont Verlag 2009. ISBN 3-7701-4803-7.


  • Melvyn C. Goldstein und Cynthia M. Beall: Die Nomaden Westtibets. DA-Verlag, Nürnberg 1991, ISBN 3-922619-11-8


  • Tenzin Choedrak: Der Palast des Regenbogens. 3. Auflage. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-458-16972-5


  • Andreas Gruschke: Tibet, Weites Land auf dem Dach der Welt. Schillinger Verlag, Freiburg 1993, ISBN 3-89155-144-4

  • Stephan Haas: Die Tibetfrage – Eine Analyse der Gründe und der Rechtmäßigkeit des chinesischen Einmarsches in Tibet 1950/51. Lit Verl., Münster 1997, ISBN 3-8258-2872-7


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Einzelnachweise |




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  17. FAZ, 10. März 2011: 10. März 1959. Volksaufstand gegen China in Tibet. „Für den 10. März 1959 wurde der Dalai Lama ungewöhnlicherweise zu einer Theateraufführung beim Hauptquartier der chinesischen Volksbefreiungsarmee außerhalb der Hauptstadt Lhasa eingeladen. Teile der tibetischen Bevölkerung befürchteten, dass der Dalai Lama entführt werden sollte. Am 10. März versammelten sich etwa 300.000 Tibeter an seiner Residenz, um ihn an dem Besuch der Theateraufführung zu hindern. Danach brachen bewaffnete Auseinandersetzungen aus. Die Tibeter waren stark unterlegen und schlecht bewaffnet. Deshalb waren die Kampfhandlungen nach zwei Tagen beendet. Auf tibetischer Seite gab es 86.000 Tote. Der Dalai Lama floh ins Exil.“ (Memento vom 13. März 2011 im Internet Archive)


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  19. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.berlinerumschau.comHeftige Unruhen in Tibet, Indien und Nepal


  20. Chinas politische Führung wittert hinter der Serie von Selbstverbrennungen von Tibetern eine gezielte Aktion des Dalai Lama;, Spiegel, 7. März 2012


  21. Freedom House 2010 report on Tibet


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32.2787.09Koordinaten: 32° N, 87° O







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