Wilhelm Landig
Wilhelm Landig (* 20. Dezember 1909 in Wien; † 1997) war ein ehemaliges SS-Mitglied, das später als Buchautor eine Romantrilogie über den Thule-Mythos verfasste, die vornehmlich in rechtsextremen Kreisen Verbreitung erfuhr.[1]
Inhaltsverzeichnis
1 Leben und Werk
2 Bedeutung
3 Werke
4 Literatur
5 Einzelnachweise
Leben und Werk |
Wilhelm Landig wuchs in Wien auf und war bereits in seiner Jugend Anhänger Adolf Hitlers. 1920 erhielt er eine militärische Ausbildung in einem Mittelschul-Freikorps und schloss sich später der NSDAP an. Nach dem gescheiterten Lamprechtshausener NS-Putsch in Wien 1934 flüchtete er ins Deutsche Reich und schloss sich dem Sicherheitsdienst des Reichsführers SS (SD) und später der 8. SS-Kavallerie-Division „Florian Geyer“ an, bei letzterer stieg er bis zum Oberscharführer auf.[2] Er arbeitete danach am Arbeitswissenschaftlichen Institut der Deutschen Arbeitsfront (DAF) in Berlin und wurde nach dem Anschluss Österreichs zurück nach Wien beordert, wo er Sachbearbeiter des SDs für Geheime Reichssachen wurde. Er unterstand direkt Baldur von Schirach, hatte aber auch gute Beziehungen zu Heinrich Himmler.[3]
Nach eigenen Angaben arbeitete Landig zu dieser Zeit an der Entwicklung der sogenannten Reichsflugscheiben, die später zu einem gängigen Motiv von Verschwörungstheorien wurden. Sein genaues Wirken in der NS-Zeit ist weitestgehend unbekannt. Sicher ist jedoch, dass er als Kriegsspion von 1942 bis 1944 auf dem Balkan für die Waffen-SS tätig war und 1944 in Belgrad verwundet wurde. Er kehrte anschließend nach Wien zurück und arbeitete in der Abteilung I des SDs. Nach Kriegsende wurde er verhaftet und in britische Kriegsgefangenschaft genommen. 1947 wurde er freigelassen und schloss sich diversen rechten Parteien an,[4] so dem Verband der Unabhängigen (ein Vorläufer der FPÖ) und der DNAP.[5]
Landig gab eine Reihe rechtsextremer Schriften heraus, so die Monatszeitschrift Kommentare zum Zeitgeschehen und ab 1955 die Europa-Korrespondenz. Er gründete außerdem mit dem Volkstum-Verlag seinen eigenen Verlag in Wien, in dem auch seine Bücher erschienen. Sein Hauptwerk wurde die Thule-Trilogie, mit den Bänden Götzen gegen Thule (1971), Wolfszeit um Thule (1980) und Rebellen für Thule – Das Erbe von Atlantis (1991). In diesen Bänden, die der Trivialliteratur zuzurechnen sind, verwendet er diverse gängige Verschwörungstheorien der Rechten, so die Reichsflugscheiben, diverse Mythen über die Organisation der ehemaligen SS-Angehörigen (ODESSA), den Speer des Schicksals und die Schwarze Sonne. In den Mittelpunkt der Romane stellt er jeweils eine wechselnde SS-Mannschaft, die immer kurz nach dem Zweiten Weltkrieg aktiv ist. „Thule“ bezeichnet einen letzten Rückzugsort des Reiches in der Antarktis. Dabei ist die SS Landigs wichtigster Bezugspunkt gegenüber einer korrupten NSDAP, die sich im Roman am „Reichsschatz“ bedient hätte. Landig gibt der Trilogie einen seriösen Anstrich, indem er behauptet, sein geheimes Wissen in Romanform verpackt zu haben, um so die Geheimhaltungspflicht zu umgehen.[6]
Bedeutung |
Gemäß Anton Maegerle und Paul Friedrich Heller war Wilhelm Landig einer der „profilierteste[n] Vertreter nationalsozialistischer Esoterik im deutschsprachigen Raum“.[7] Zudem sei er auch als Bindeglied zwischen diversen Vertretern des Nationalsozialismus und der Neuen Rechten bekannt gewesen. So habe er Treffen organisiert und sich an illegalen Aktivitäten beteiligt. Zu seinen Bekannten zählten unter anderem Miguel Serrano, Hans-Ulrich Rudel und Jürgen Rieger.[8] Wie gezeigt worden ist, stand Landig zudem in direktem Austausch mit einer jüngeren Generation von neonazistisch-esoterischen Autoren, vor allem mit denjenigen der Tempelhofgesellschaft. Diese trug maßgeblich zur Weiterentwicklung und Verbreitung der Ideen des Kreises um Landig bei.[9]
Werke |
Humor hinter Stacheldraht. Heitere Seiten eines ernsten Kapitels. Royal-Edition, Wien 1951.
Götzen gegen Thule. Ein Roman voller Wirklichkeit. Hans Pfeiffer Verlag, Hannover 1971, ISBN 3-87632-208-1.
Wolfszeit um Thule. Volkstum-Verlag Landig, Wien 1980, ISBN 3-85342-033-8.
Rebellen für Thule. Das Erbe von Atlantis. Volkstum-Verlag Landig, Wien 1991, ISBN 3-85342-044-3.
Literatur |
- Friedrich Paul Heller, Anton Maegerle: Thule. Vom völkischen Okkultismus bis zur Neuen Rechten. 2., erweiterte und aktualisierte Auflage. Schmetterling Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-89657-090-0.
- Nicholas Goodrick-Clarke: Im Schatten der Schwarzen Sonne. Marix Verlag, Wiesbaden 2002, ISBN 3-86539-185-0.
- Julian Strube: Die Erfindung des esoterischen Nationalsozialismus im Zeichen der Schwarzen Sonne. In: Zeitschrift für Religionswissenschaft. Band 20, Heft 2, 2012, ISSN 0943-8610, S. 223–268, doi:10.1515/zfr-2012-0009.
- Rüdiger Sünner: Schwarze Sonne. Entfesselung und Mißbrauch der Mythen in Nationalsozialismus und rechter Esoterik. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1999, ISBN 3-451-05205-9.
Einzelnachweise |
↑ Nicholas Goodrick-Clarke: Im Schatten der Schwarzen Sonne. Marix Verlag Wiesbaden 2002, ISBN 3-86539-185-0, S. 13.
↑ Stefan Meining: Rechte Esoterik in Deutschland.
Ideenkonstrukte, Schnittstellen und Gefahrenpotentiale. In: Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.): Rechtsextremismus und Islamismus in Deutschland und Thüringen
Vorträge anlässlich des Symposiums des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz am 3.9.2002 in Erfurt. S. 49 (online auf: thueringen.de [PDF]).
↑ Friedrich Paul Heller, Anton Maegerle: Thule. Vom völkischen Okkultismus bis zur Neuen Rechten. 2., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Schmetterling-Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-89657-090-0, S. 96–98.
↑ Nicholas Goodrick-Clarke: Black Sun: Aryan Cults, Esoteric Nazism, and the Politics of Identity. NYU Press, 2003, ISBN 0-8147-3155-4, S. 129.
↑ Friedrich Paul Heller, Anton Maegerle: Thule. Vom völkischen Okkultismus bis zur Neuen Rechten. Schmetterling-Verlag, 1998, S. 98.
↑ Friedrich Paul Heller, Anton Maegerle: Thule. Vom völkischen Okkultismus bis zur Neuen Rechten. Schmetterling-Verlag, 1998, S. 99–102.
↑ Friedrich Paul Heller, Anton Maegerle: Thule. Vom völkischen Okkultismus bis zur Neuen Rechten. Schmetterling-Verlag, 1998, S. 96.
↑ Friedrich Paul Heller, Anton Maegerle: Thule. Vom völkischen Okkultismus bis zur Neuen Rechten. Schmetterling-Verlag, 1998, S. 103.
↑ Julian Strube: Die Erfindung des esoterischen Nationalsozialismus im Zeichen der Schwarzen Sonne. In: Zeitschrift für Religionswissenschaft. 20, Heft 2 (2012) vor allem S. 228–260.
Personendaten | |
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NAME | Landig, Wilhelm |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Schriftsteller und ehemaliges SS-Mitglied |
GEBURTSDATUM | 20. Dezember 1909 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 1997 |